Dass der DAX nach einer Woche, in der die Zahlen von vier US-Technologiegiganten deren Aktien teilweise zweistellig nach oben katapultierten, tiefer notiert als am Freitag zuvor, gibt zu bedenken.
Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege RoboMarkets
28. April 2023
Der Markt scheint oben angestoßen, gute Nachrichten können keine Käufer mehr auf das Parkett locken. Ein Teil der Investoren will sicherlich die Sitzung der US-Notenbank Fed in der kommenden Woche abwarten.
Ob deren Ergebnisse allerdings für die nötigen positiven Impulse sorgen können, ist fraglich. Viel Hoffnung auf eine Pause im Zinserhöhungszyklus scheint bereits eingepreist, so dass das Verkaufen bei Fakten auch die in der Luft liegende Korrektur einleiten könnte. Es stellt sich dann unweigerlich die Frage, ob auch in diesem Jahr getreu dem Börsenbonmot „Sell in May and go away“ nun die weniger ertragreiche Börsenphase beginnt.
Bei der Google-Mutter Alphabet sorgte neben guten Quartalszahlen auch das angekündigte Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 70 Milliarden Dollar für Kursfantasie. Ebenfalls überzeugen konnte Microsoft, die Aktie sprang zweistellig nach oben. Ein Quartalsgewinn von 18 Milliarden Dollar und damit neun Prozent mehr als im Vorjahr waren deutlich mehr als erwartet. Beide Unternehmen wollen die Gewinne aus dem Kerngeschäft nun verstärkt in das Geschäft mit Künstlicher Intelligenz investieren.
Deutlich aufwärts ging es auch mit der Aktie des Facebook-Mutterkonzerns Meta. Steigende Umsätze und der generelle Hype um KI schoben die Aktie auf ein neues Jahreshoch. Das der Gewinn im Vergleich zum Vorquartal wegen hoher Investitionen gefallen ist, beunruhigte nicht weiter. Etwas aus der Reihe fiel dagegen der Onlinehändler Amazon. Trotz überraschendem Umsatzplus drehte die Aktie nach einer ersten positiven Reaktion wieder ins Minus. Insgesamt aber war es eine starke Woche für die großen Vier, in der kommenden Woche meldet sich dann Apple zu Wort.
Die Snap-Aktie allerdings rauschte nach enttäuschenden Ergebnissen um 20 Prozent nach unten. Vor allem die nur leicht gestiegenen Nutzerzahlen dürften hier der Auslöser für die Verkäufe gewesen sein. Ein Blick auf den langfristigen Chart verrät warum. Vor anderthalb Jahren kostete die Aktie noch über 70 US-Dollar, das rasante Wachstum der Nutzer war es den Investoren wert. Dieses bleibt nun aus, und dazu fehlt es an einer echten Strategie, die Nutzer zu monetarisieren. Sollte das Unternehmen diesen Trend nicht abwenden können, könnte es bald vom Börsenparkett verschwinden.
Eine 12 Milliarden Euro schwere Akquisition findet derzeit in Deutschland abseits des Börsenparketts statt. Der Heizungsbauer Viessmann verkauft sein Geschäft mit Wärmepumpen in die USA an Carrier Global. Der Verkauf eines deutschen Unternehmens ist zunächst nichts Besonderes, der Zeitpunkt allerdings schon. Denn durch die beschlossene Wärmewende der Bundesregierung lässt gerade dieser Geschäftsbereich deutliche Umsätze in den nächsten Jahren erwarten.
Entweder war das Angebot der Amerikaner so gut oder Viessmann kann die steigende Nachfrage nicht allein bewältigen. Das Unternehmen erwartet für die Sparte einen Umsatz von vier Milliarden Euro allein im laufenden Jahr. Sollte man die gesamte Nachfrage bedienen können, dürfte sich die Investition der Amerikaner schnell amortisieren.
Nachdem zahlreiche Fed-Vertreter in den vergangenen Wochen jedes Gefühl der Unsicherheit zerstreut haben, dürfte eine Zinserhöhung um weitere 25 Basispunkte am kommenden Mittwoch eine ausgemachte Sache sein. Nur ist sie auch die letzte in diesem Zyklus? An der Börse herrscht immer noch ein zaghafter Optimismus, dass die Fed eine weiche Landung der Wirtschaft erreichen kann, d. h. eine Rückkehr zur normalen Inflation und keine Rezession. Zerstört Fed-Chef Powell mit einem weiterhin zu aggressiven Ton diesen Optimismus, dürfte der Mai in diesem Jahr seinem Ruf gerecht werden.
Unterstützungen: 15.750/15.700 + 15.550/15.500 + 15.400/15.350
Widerstände: 15.850/15.900 + 16.000/16.050 + 16.200/16.250
Dieser Artikel stammt von RoboMarkets.