Heiß gelaufene Aktienmärkte mit euphorischen und sorglosen Anlegern brauchen ein Ventil, um mal etwas Druck aus dem Kessel zu lassen.
Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege RoboMarkets
04. August 2023
Und das fand die Börse in der abgelaufenen Handelswoche in dem Entzug der Bestnote in Sachen Bonität der USA durch die Ratingagentur Fitch. Die weltgrößte Volkswirtschaft hat damit ein weiteres Mal das bestmögliche Rating AAA verloren. Dies geschah bereits einmal im Jahr 2011, damals durch die Agentur Standard and Poors. In der Folge ging es mit dem DAX in wenigen Tagen 25 Prozent nach unten. Sollte sich dieses Ereignis wiederholen, würde dies einen Stand von 12.300 Punkten bedeuten.
Fitch mag nur der Kieselstein gewesen sein, der nun eine kleine Lawine an der Börse auslösen könnte. Denn ganz praktisch wird sich nichts an dem Umstand ändern, dass die Investoren rund um den Globus die Staatsanleihen der größten Volkswirtschaft in ihren Portfolios haben müssen, egal ob mit Rating AA+ oder AAA.
Auch wenn die Theorie jetzt Vorsicht im Umgang mit amerikanischen Staatsschulden suggerieren würde. Ein Zahlungsausfall der USA ist in den vergangenen Wochen, Monaten und in Sachen Schuldenberg Jahren auch nicht nur ein kleines Stück wahrscheinlicher geworden. Ein Land, dass sich in seiner eigenen Währung verschulden und mit dieser hohen internationalen Wettbewerbsfähigkeit wirtschaftlich weiter stark wachsen kann, wird nicht pleite gehen.
Für die nun einsetzende Korrektur im Deutschen Aktienindex spielt vielmehr der Umstand eine Rolle, dass wir nach dem Plus von 40 Prozent in den vergangenen zehn Monaten an einem Punkt angekommen sind, dass die Kurse zu viel Fantasie und zu wenig Realität widerspiegeln. Dein ein Börsenbarometer auf Rekordniveau passt so gar nicht ins Bild einer von der Konkurrenz abgehängten deutschen Wirtschaft, das von vielen Ökonomen für die Zukunft gezeichnet wird. Das dachten sich dann in den vergangenen Tagen auch einige Anleger, die nach der Rally mal etwas Kasse machten. Hinzu kamen einige enttäuschende Zahlen von großen Unternehmen, und der Cocktail für eine Verschnaufpause war angerichtet.
So hat der Chemiekonzern Covestro ebenso wie der Branchenprimus BASF ein sehr schwaches Quartal hinter sich. Der operative Gewinn fiel um 30 Prozent, lag damit aber in der zuvor nach unten korrigierten Bandbreite. Deutlich verheerender sah es allerdings unter dem Strich aus. Beinahe 80 Prozent weniger Gewinn gleichen einer Hiobsbotschaft und verdeutlichen noch einmal eindrucksvoll die Probleme der Chemiebranche in Deutschland. Auch bei DHL sieht es nicht besonders gut aus.
Nach einem Umsatzminus von 16 Prozent und einem rückläufigen Gewinn um ein Drittel trennten sich viele Anleger von der Aktie, die seit Jahresanfang knapp 30 Prozent zulegen konnte. Und dann gab es neue Zahlen aus der Autobranche. Danach geht derzeit jedes zweite Elektrofahrzeug nach China, von gut 27 Millionen Fahrzeugen sind 14,6 Millionen in China zugelassen. In diesem Segment ist Tesla noch der Marktführer.
Die Amerikaner haben offensichtlich einen guten Zugriff auf den größten Absatzmarkt der Welt hat und einen besseren als die deutschen Autobauer. Aber nicht nur, dass ihre Elektrofahrzeuge weniger Abnehmer finden, wie auch zuletzt von Porsche oder Volkswagen gemeldet. Der höhe Absatz an E-Autos verdrängt im Reich der Mitte auch die Nachfrage nach Verbrennerfahrzeugen – ein Segment, in dem die deutschen Hersteller dominieren. Sollte diese Entwicklung anhalten, könnte es für VW, Mercedes und BMW noch deutlich ungemütlicher werden als es schon ist.
Die US-Wirtschaft hat im Juli „nur“ 187.000 neue Stellen geschaffen, möchte man sagen. Erwartet wurden 200.000, aber nach dem Bericht der privaten Arbeitsagentur ADP vom Mittwoch waren die Befürchtungen, dass es am Freitag einen weiteren Ausreißer nach oben geben könnte. Mit diesen Daten aber bleibt die Hoffnung bestehen, dass die Fed nach elf Zinserhöhungen in Folge endlich eine Pause in ihrem Zyklus einlegt. Für den DAX allerdings ging es nach den Zahlen zunächst weiter abwärts, die Börsenampel steht jetzt ganz klar auf Rot, bessere Zeiten sollten wieder kommen, dürften aber etwas auf sich warten lassen.
Unterstützungen: 15.700/15.650 + 15.550/15.500 + 15.000/14.950
Widerstände: 16.000/16.050 + 16.200/16.250 + 16.400/16.450
Dieser Artikel stammt von RoboMarkets.