Solange der Krieg im Nahen Osten tobt und die Gefahr des Eingriffes weiterer Staaten nicht ausgeschlossen werden kann, werden sich Investoren mit Aktien nicht die Finger verbrennen wollen.
Gold steigt in Richtung 2.000 Dollar pro Feinunze, Öl nähert sich der 100-Dollar-Marke pro Barrel – die Finanzmärkte haben in dieser Woche das Risikopotenzial des Nahost-Konfliktes in die Kurse eingepreist. Zeigte sich nach dem Terror der Hamas Israel vor zwei Wochen noch eine erstaunliche Stabilität, wird nun alles aus den Depots geworfen, was mit Risiko behaftet ist.
Dazu gehören Aktien, aber interessanterweise auch Anleihen. Denn die Krise hat über steigende Energiepreise das Potenzial, die Inflation wieder anzuheizen und so die Notenbanken von den sehnlich für 2024 erwarteten und für eine rezessionsempfängliche Weltwirtschaft dringend benötigten Zinssenkungen abzuhalten. In dieses Bild passten auch die Worte von Fed-Chef Powell, der die Märkte zwar auf eine Zinspause im November, danach aber auf weiter steigende Leitzinsen einstimmte.
Die Anleihemärkte hätten der Fed einen Teil ihrer Arbeit zwar schon abgenommen, indem sie die Finanzierungsbedingungen verschärften. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, die Renditen sollten so schnell von diesem Niveau nicht wieder runterkommen und damit den Aktienmärkten in den kommenden Monaten nicht viel Luft nach oben geben. Für die 30jährigen Bonds ging es das erste Mal seit 2007 wieder über die Schallmauer von fünf Prozent.
Die 15.000er Marke und das Tief von Anfang Oktober haben im Deutschen Aktienindex nicht gehalten. Sollten beide Marken nicht schnell wieder zurückerobert werden, dürfte eine Jahresendrally, sofern sie diesen Namen dann überhaupt noch verdient, maximal zu einer Erholung im dann zementierten Abwärtstrend verkommen. Solange der Krieg im Nahen Osten tobt und die Gefahr des Eingriffes weiterer Staaten nicht ausgeschlossen werden kann, werden sich Investoren mit Aktien nicht die Finger verbrennen wollen.
Auch die beiden prominenten Quartalszahlen und -ausblicke von Tesla und Netflix konnten nicht wirklich für gute Stimmung bei den Anlegern sorgen. Der Streaming-Anbieter erfährt dank einer neuen Abo-Politik und dem Ende der bislang geduldeten Mehrfachnutzung von Konten eine Art Sonderkonjunktur bei Abonnenten, die zwar der Aktie selbst Schwung verlieh, aber keine wirkliche Indikation für eine positive Dynamik in der gesamten Tech-Branche ist. Anders bei Tesla, wo der sonst so laute und erfolgsverwöhnte Elon Musk bei der Veröffentlichung der Zahlen viel leisere Töne an den Tag legte, was die Zukunft seines Unternehmens angeht. Tesla spürt die Zurückhaltung der Verbraucher und hat Schwierigkeiten, selbst mit der gewinnzerstörenden Rabatt-Strategie seine Fahrzeuge an den Mann oder die Frau zu bringen.
Ein Lichtblick für Anleger und einer der wenigen Gewinner dieser Börsenwoche war Adidas. Der Sportartikelhersteller schleppte in den vergangenen Quartalen millionenschwere Belastungen durch den Fehlgriff mit der Yeezy-Marke mit sich herum. Doch nun überraschten die Herzogenauracher mit einer Anhebung der Jahresprognose. Die umstrittenen Artikel werden langsam aus den Lagern verkauft, Marge und operativer Gewinn stiegen im abgelaufenen Quartal wieder leicht.
Das Thema könnte für Adidas damit schneller erledigt sein als zunächst gedacht und Aktionäre, die im November vergangenen Jahres bei rund 100 Euro bei der Aktie zugegriffen haben, hatten nicht das schlechteste Gefühl. In der aktuellen Börsenstimmung dürfte es allerdings schwer werden, das Jahreshoch bei 185 Euro zu überwinden, um den Aufwärtstrend fortzusetzen.
Geo- und Geldpolitik überschatten im Moment alles andere am Markt. So auch die Berichtssaison, die in der kommenden Woche unter anderen Umständen einiges anzubieten hätte. Alphabet und Microsoft am Dienstag, IBM, Meta und die Deutsche Bank am Mittwoch und Amazon, Intel und Volkswagen am Donnerstag sind da als Highlights zu nennen. Hinzu kommen noch einige Stimmungsbarometer in Form der Einkaufsmanagerindizes aus den USA und am Donnerstag entscheidet die Europäische Zentralbank über die Leitzinsen in der Eurozone. Zwar dürften diese das erste Mal seit Juli 2002 nicht angetastet werden, aber auch von Christine Lagarde dürfte die zentrale Botschaft „höher für länger“ lauten.
Unterstützungen: 14.850/14.800 + 14.700/14.650 + 14.550/14.500
Widerstände: 14.950/15.000 + 15.100/15.150 + 15.200/15.250
Dieser Artikel stammt von RoboMarkets.