Istanbul (Reuters) - Die Verbraucherpreise in der Türkei sind im Mai so stark gestiegen wie seit fast einem Vierteljahrhundert nicht mehr.
Istanbul (Reuters) – Die Verbraucherpreise in der Türkei sind im Mai so stark gestiegen wie seit fast einem Vierteljahrhundert nicht mehr.
Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 73,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistikamt am Freitag mitteilte. Das ist die höchste Inflationsrate seit Oktober 1998. Die Preise im Transportsektor – zu dem etwa Benzin gerechnet wird – haben sich mit 108 Prozent mehr als verdoppelt. Auch Lebensmittel (+92 Prozent) kosteten fast doppelt so viel wie im Mai 2021.
Finanzminister Nureddin Nebati sieht dennoch einen positiven Trend, schließlich seien die Preise im Vergleich zum Vormonat nicht mehr so stark gestiegen. Von April auf Mai gab es einen Anstieg von knapp drei Prozent, während Ökonomen hier mit einem kräftigeren Plus von 4,8 Prozent gerechnet hatten. Oppositionspolitiker, Ökonomen und Umfragen zufolge auch Verbraucher vermuten, dass die Inflation höher ist als angegeben. Viele Beobachter macht misstrauisch, dass vom Statistikamt aktuell keine Durchschnittspreise für einzelne Artikel mehr veröffentlicht werden.
Experten geben der schwächelnden Landeswährung Lira eine Mitschuld an der starken Teuerung, die allein im vergangenen Jahr 44 Prozent an Wert zum Dollar eingebüßt hat. Seit Jahresbeginn ist der Kurs um ein weiteres Fünftel eingebrochen. Dadurch werden Importe, auf die das rohstoffarme Land angewiesen ist, deutlich teurer.
Die Lira-Talfahrt wurde ausgelöst durch Zinssenkungen der Notenbank, durch die die Landeswährung für Investoren unattraktiver wurde. Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnet sich selbst als Zinsfeind. Er will mit niedrigen Zinsen die Konjunktur anschieben. Die Regierung hat erklärt, dass die Inflation im Rahmen ihres neuen Wirtschaftsprogramms zurückgehen wird. Dieses sieht niedrige Zinssätze zur Ankurbelung von Produktion und Exporten vor.
Die Notenbank geht davon aus, dass der Höhepunkt des Preisauftriebs im Juni erreicht wird. Einstellige Inflationsraten erwartet sie erst 2024.
(Bericht von Halilcan Soran Berna Suleymanoglu, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)
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