Berlin (Reuters) - Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) rechnet nach der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) mit einer zurückhaltenderen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).
Berlin (Reuters) – Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) rechnet nach der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) mit einer zurückhaltenderen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).
“De facto dürften die Ereignisse in den USA die EZB zu einer etwas langsameren Gangart bewegen”, sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts, Sebastian Dullien, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Die von der Pleite ausgelösten Finanzmarktturbulenzen in den USA dürften dort zu einer gewissen Vorsicht bei Investitionen und Kreditvergabe führen und von sich aus das Wachstum bremsen. Dadurch werde die US-Notenbank Fed ihre Zinsen nun langsamer erhöhen. “Das dämpft auch das Wachstum in Europa”, sagte Dullien. “Außerdem reicht bei niedrigeren US-Zinsen auch ein etwas niedrigerer EZB-Zins, um den Euro-Wechselkurs stabil zu halten.”
Der Ökonom hält aber auch grundsätzlich ein etwas langsameres Tempo bei den Zinserhöhungen für angebracht, auch ohne die aktuellen Probleme im Bankensektor. “Geldpolitik braucht mehrere Quartale, bis sie auf die Wirtschaft wirkt, und die EZB schien zuletzt auf Zinserhöhungen abonniert, ohne wirklich die Wirkungen abzuwarten”, argumentiert Dullien. “Mit solch einem Ansatz besteht immer die Gefahr, zu überziehen.”
Die EZB-Währungshüter um ihre Chefin Christine Lagarde entscheiden am Donnerstag über ihre Zinsen. Erwartet wird eine kräftige Anhebung des Leitzinses von 3,00 auf 3,50 Prozent. Es wäre bereits der sechste Schritt nach oben in Folge seit der Zinswende im Juli 2022. Damit will die EZB die hartnäckig hohe Inflation bekämpfen. Aktuell liegt die Teuerungsrate in der Euro-Zone bei 8,5 Prozent.
“Die Geldpolitik steckt in einer gefährlichen Zwickmühle, wenn sie aus Gründen der Bankenstabilität die Zinsen nicht erhöhen kann, obwohl die Inflation das anzeigen würde”, sagte Dullien. Deshalb sei es so wichtig, dass Banken streng reguliert und gut beaufsichtigt werden. “Ich hoffe, dass die EZB in Europa eine bessere Arbeit bei der Bankenaufsicht geleistet hat als die für die SVB verantwortlichen Behörden in den USA”, sagte der IMK-Experte.
Der größte Kollaps eines Geldhauses seit der globalen Finanzkrise 2008 hatte weltweit Schockwellen an den Finanzmärkten ausgelöst. Die SVB hatte viel Geld in lang laufende US-Staatsanleihen investiert, die infolge des Zinsanstiegs an Wert verloren.
(Bericht von Rene Wagner. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)
Reuters, die Nachrichten- und Medienabteilung von Thomson Reuters, ist der weltweit größte internationale Multimedia-Nachrichtenanbieter, welche täglich mehr als eine Milliarde Menschen erreicht. Reuters bietet zuverlässige Geschäfts-, Finanz-, nationale und internationale Nachrichten über Thomson Reuters-Desktops, der weltweiten Medienorganisationen, sowie direkt an Verbraucher auf Reuters.com und über Reuters TV.