Tiflis (Reuters) - Nach tagelangen Protesten hat das georgische Parlament Pläne für ein umstrittenes Gesetz zu "ausländischen Agenten" fallengelassen.
Tiflis (Reuters) – Nach heftigen Protesten hat das georgische Parlament ein Gesetz abgelehnt, das nach Ansicht vieler Kritiker Medien und Nichtregierungsorganisationen ähnlich wie in Russland stark eingeschränkt hätte.
35 Abgeordnete stimmten am Freitag gegen das ursprünglich von der Regierungspartei Georgischer Traum vorangetriebene Vorhaben, bei einer Ja-Stimme. Die Mehrheit der 112 anwesenden Parlamentarier enthielt sich. Es war die zweite Lesung. In der ersten Lesung Anfang der Woche hatte das Vorhaben noch grünes Licht vom Parlament bekommen. Doch nach drei Nächten teils gewaltsamer Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern in der Hauptstadt Tiflis lenkte die Regierungspartei ein und zog ihre Unterstützung zurück.
Das Gesetz sah vor, dass sich Medien und Organisationen, die mindestens 20 Prozent ihrer finanziellen Mittel aus dem Ausland erhalten, als “ausländische Agenten” hätten registrieren lassen müssen. Zudem sollten sie unter Aufsicht des Justizministeriums gestellt werden. Bei Verstößen waren drakonische Geldstrafen vorgesehen. Gegner des Vorhabens sahen Parallelen zu einem ähnlichen, 2012 in Russland eingeführten Gesetz, mit dem dort gegen unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft vorgegangen wird. Sie befürchteten eine verstärkte Hinwendung der ehemaligen Sowjetrepublik zu Russland auf Kosten der Chancen, jemals der Europäischen Union und der Nato beitreten zu können. Auch die EU und die USA sprachen sich gegen das Gesetz aus.
Die georgische Regierung wies die Bedenken zurück. Moskau betonte zugleich, dass es mit dem Gesetzesvorhaben nichts zu tun habe und wies Mutmaßungen zurück, dass es von Russland inspiriert sei. Nach der Abweisung des Gesetzes am Freitag warf Kreml-Sprecher Dmitri Peskow den USA vor, antirussische Stimmung in Georgien zu schüren. Belege dafür lieferte er nicht. Peskow erklärte zudem, Russland mache sich Sorgen wegen möglicher “Provokationen” in den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien im Zuge der Proteste. Russland und Georgien führten 2008 einen kurzen Krieg um die Kontrolle über die beiden Regionen. International werden sie als Teil Georgiens anerkannt, aber in ihnen haben von Moskau unterstützte lokalen Behörden das Sagen. Moskau und Tiflis pflegen keine formellen diplomatischen Beziehungen.
(Bericht von Jake Cordell, David Chkhikvishvili and Ben Tavener, geschrieben von Christian Rüttger, redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
Reuters, die Nachrichten- und Medienabteilung von Thomson Reuters, ist der weltweit größte internationale Multimedia-Nachrichtenanbieter, welche täglich mehr als eine Milliarde Menschen erreicht. Reuters bietet zuverlässige Geschäfts-, Finanz-, nationale und internationale Nachrichten über Thomson Reuters-Desktops, der weltweiten Medienorganisationen, sowie direkt an Verbraucher auf Reuters.com und über Reuters TV.