Frankfurt (Reuters) - Die Anleger in Europa wischen Konjunkturrisiken zur Seite und treiben die Erholung der Börsen weiter voran.
Frankfurt (Reuters) – Die Anleger in Europa wischen Konjunkturrisiken zur Seite und treiben die Erholung der Börsen weiter voran.
Dax und EuroStoxx50 stiegen am Montag um jeweils bis zu 0,6 Prozent auf 13.570 beziehungsweise 3731 Punkte, nachdem sie den Juli mit kräftigen Kursgewinnen abgeschlossen hatten. Dagegen kündigten die US-Futures einen schwächeren Start in den Monat August an.
“Es herrscht ein Gefühl der Erleichterung, dass die Fed zumindest ein Auge auf die Verlangsamung des Wachstums geworfen hat”, sagte Giles Coghlan, leitender Währungsanalyst bei HYCM. “Sie werden nicht stur sein und die Zinssätze weiter erhöhen, während die Wirtschaft in eine tiefe Rezession fällt.” Nach der erneuten Erhöhung des Schlüsselsatzes um 0,75 Prozentpunkte in der vergangenen Woche deutete die US-Notenbank behutsamere Zinserhöhungen an.
“Dass die Kurse trotz ungelöster Probleme wie der drohenden Energiekrise in Deutschland und dem andauernden Krieg in der Ukraine scheinbar Fuß gefasst haben, ist ein starkes Signal und macht nach den sechs ersten desaströsen Börsenmonaten Hoffnung auf eine bessere zweite Jahreshälfte”, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. “Es scheint, als wäre alles Negative eingepreist und der Aufschwung hätte bereits begonnen.”
DEUTSCHE UND CHINESISCHE KONJUNKTUR SCHWÄCHELN
Ein Stimmungsdämpfer war allerdings der größte Einbruch der deutschen Einzelhandelsumsätze seit Beginn der Zeitreihe 1994. “Die Menschen in Deutschland sind gerade damit beschäftigt, ihre Heizkosten für den Herbst hochzurechnen. Da bleibt am Ende einfach weniger übrig, um Konsumwünsche zu erfüllen”, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets.
Beim wichtigen Handelspartner China läuft es auch nicht rund. Der Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex fiel überraschend stark. “Die Hoffnung, dass sich die Industrie nach dem Ende drastischer Lockdown-Maßnahmen – die im April wichtige Wirtschaftsregionen stillgelegt haben – wieder deutlich belebt, haben durch die Daten einen Dämpfer bekommen”, kommentierte Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner.
Dies schürte Spekulationen auf eine geringere Rohöl-Nachfrage des Top-Abnehmers China. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 1,7 Prozent auf 102,17 Dollar je Barrel (159 Liter). Der Gaspreis zog dagegen nach der Entspannung der vergangenen Tage wieder an. Der europäische Future legte 5,4 Prozent auf 201,75 Euro je Megawattstunde zu.
HSBC WEIST FORDERUNG NACH AUFSPALTUNG ZURÜCK
Gefragt waren insbesondere Banken. Der entsprechende Branchenindex legte mehr als zwei Prozent zu. Die anfänglichen Zinserhöhungen haben dem Bankensektor etwas Auftrieb gegeben. Das Problem für den Sektor liegt in der weiteren Entwicklung, wenn die von allen erwartete Konjunkturabschwächung eintritt”, sagte Stuart Cole, Ökonom bei Equiti Capital.
Auftrieb erhielt vor allem HSBC mit einem Kursplus von bis zu 8,6 Prozent. Die Großbank blickt nach überraschend starken Quartalsergebnissen optimistischer in die Zukunft. Zugleich erteilte HSBC Forderungen nach einer Aufspaltung eine Absage. Der Mehrheitsaktionär von HSBC, der chinesische Versicherer Ping An, hatte im April die Aufspaltung des Bankkonzerns gefordert.
Bei den deutschen Unternehmen standen Covestro und Varta im Rampenlicht. Der Chemiekonzern und der Batterie-Hersteller senkten ihre Gesamtjahresziele und machten dafür unter anderem steigende Energiekosten und eine schwächelnde Nachfrage verantwortlich. Die vorläufigen Quartalsergebnisse von Covestro seien aber besser als erwartet, gab Analyst Markus Mayer von der Baader Helvea Bank zu bedenken. Die Aktie fing sich nach einem Eröffnungsverlust von gut fünf Prozent wieder und notierte zuletzt ein Prozent schwächer. Die Titel von Varta machten ebenfalls einen Teil ihrer Verluste wieder wett, blieben mit einem Minus von rund sechs Prozent aber Schlusslicht im MDax.
(Bericht von Hakan Ersen, Stefanie Geiger, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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