Berlin (Reuters) - Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst geht in eine neue Runde, weitere größere Streiks sind allerdings vorerst abgewendet.
Berlin (Reuters) – Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst geht in eine neue Runde, weitere größere Streiks sind allerdings vorerst abgewendet.
Nach der gescheiterten dritten Verhandlungsrunde leiteten die Arbeitgeber von Bund und Kommunen am Donnerstag das Verfahren zur Schlichtung ein, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Berlin mitteilte. Es gelte nun die Friedenspflicht, Streiks seien damit während der Schlichtung nicht möglich, betonte die SPD-Politikerin. Laut Verdi-Chef Frank Werneke soll das Schlichtungsverfahren am 06. April beginnen. Für den Fall, dass es dann keine Einigung gebe, schloss er einen unbefristeten Streik nicht aus.
Faeser äußerte sich enttäuscht, dass die Gewerkschaften das letzte Angebot der Arbeitgeber nicht angenommen haben. Vor allem die Einmalzahlung von 3000 Euro hätte den Menschen “gerade jetzt sehr geholfen”, sagte die Ministerin. Die Tarifverhandlungen für rund 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst beim Bund und in den Kommunen waren in der Nacht in Potsdam vorerst gescheitert. Die Gewerkschaft Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn, die Arbeitgeber hatten laut Faeser zuletzt acht Prozent angeboten.
Auch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) äußerte sich enttäuscht. “Wir bedauern sehr, dass die Einigung nicht zustande kam”, erklärte Verhandlungsführerin Karin Welge. Die Gewerkschaften hätten “sich in ihrer Forderung eingemauert und nicht hinreichend bewegt, um eine Brücke zu bauen”. Sie warf den Arbeitnehmervertretern vor, “verantwortungslos” zu handeln. “Dass eine Einigung nicht zustande kam, werten wir auch als Warnzeichen für eine funktionierende Sozialpartnerschaft mit den Gewerkschaften, erklärte Welge. “Jetzt stehen wir wieder bei null, was wir sehr bedauern.”
“VÖLLIG UNGENÜGEND”
Verdi-Chef Werneke kündigte für Freitag Informationsveranstaltungen für die Mitglieder an, es werde aber bis zum Beginn der Friedenspflicht am Sonntag keine größeren Arbeitsniederlegungen geben. Das letzte Angebot der Arbeitgeber bezeichnete er als “völlig ungenügend”. Ohnehin habe es dieses Angebot offiziell nie gegeben. In den Gesprächen sei auch nicht acht Prozent, sondern lediglich sieben Prozent genannt worden. Werneke betonte aber: “Wir gehen mit dem Ziel in diese Schlichtung herein, um zu einem Ergebnis zu kommen.” Falls es in den dann folgenden Verhandlungen nicht zu einer Einigung komme, müsse Verdi die Lage in der zweiten Aprilhälfte neu bewerten.
Der Chef des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, warf Bund und Kommunen vor, sie respektierten die Sorgen und Nöte ihrer Beschäftigten nicht. Führen die Verhandlungen über den Schlichterspruch nicht zu einer Einigung, können die Gewerkschaften nach einer Urabstimmung einen unbefristeten Streik ausrufen. Für die Arbeitgeberseite ist der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt als Schlichter vorgesehen, für die Gewerkschaften der frühere Bremer Finanz-Staatsrat und Verwaltungswissenschaftler Hans-Henning Lühr.
Faeser hatte in der Nacht erklärt, das letzte Angebot umfasse eine lineare Entgelterhöhung um acht Prozent, bei einem Mindestbetrag von 300 Euro monatlich, sowie eine steuerfreie Einmalzahlung in Höhe von insgesamt 3000 Euro, zum Ausgleich der hohen Inflation. Als Laufzeit wurde eine Spanne von 24 bis 27 Monate angegeben. Die Gewerkschaften Verdi und Deutscher Beamtenbund (dbb-Tarifunion) hatten 10,5 Prozent mehr Geld gefordert, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat, bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten.
(Bericht von Alexander Ratz und Holger Hansen; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)
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