Frankfurt (Reuters) - Die Freude über die staatliche Rettung von Uniper ist am Freitag rasch der Ernüchterung gewichen.
Frankfurt (Reuters) – Zum Abschluss einer ereignisreichen Woche haben sich die Anleger an Europas Börsen vorsichtig vorangewagt.
Dax und EuroStoxx50 lagen am Freitagnachmittag jeweils 0,6 Prozent im Plus bei 13.332 beziehungsweise 3616 Punkten. Mit der Zinserhöhung um einen halben Prozentpunkt und einem Anti-Krisen-Instrument in Sachen Rendite-Spreads innerhalb der Euro-Zone habe die Europäische Zentralbank das durch ihr zögerliches Handeln verloren gegangene Vertrauen in Teilen wieder zurückgewonnen, fasste Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege von RoboMarkets, zusammen. Das könne den Weg für weitere Kursgewinne in den kommenden Tagen und Wochen frei gemacht haben. “Ob mehr daraus wird, darüber dürften dann aber andere Faktoren wie zum Beispiel die Stabilität der Energieversorgung über den Herbst und Winter oder auch insgesamt der Verlauf des Ukraine-Krieges entscheiden.”
In den vergangenen Tagen hatten Dax und EuroStoxx50 jeweils mehr als drei Prozent zugelegt und standen vor dem größten Wochengewinn seit etwa zwei Monaten. An den US-Märkten zeichneten sich nach enttäuschenden Zahlen von Techkonzernen wie dem Snapchat-Betreiber Snap vorbörsliche Kursverluste ab.
Am Anleihemarkt entspannte sich die Lage. Der Rendite-Anstieg italienischer Papiere fand trotz der Regierungskrise ein vorläufiges Ende. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten mit 1,046 Prozent zeitweise so niedrig wie zuletzt vor eineinhalb Monaten. Der Grund für die steigenden Anleihekurse waren enttäuschende Konjunkturdaten, die Bonds als “sichere Häfen” wieder attraktiv machten. Die Einkaufsmanager-Indizes Deutschlands und der Euro-Zone fielen unter die Marke von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert. “Das bedeutet, dass Kerneuropa wohl schon in eine Rezession gerutscht ist”, sagte Anlagestratege Viraj Patel von Vanda Research. Außerdem sei eine Energiekrise noch nicht abgewendet, auch wenn russisches Gas weiter nach Europa fließe. Der Euro blieb unter Druck und verlor 0,4 Prozent auf 1,0188 Dollar.
DELIVERY HERO IST FÜR ANLEGER EIN HELD – CECONOMY IM MINUS
Trotz einer staatlichen Rettung fielen die Papiere des Gas-Versorgers Uniper um bis zu 27,2 Prozent auf ein Rekordtief von 7,65 Euro. Die Papiere der Uniper-Mutter Fortum büßten mehr als vier Prozent ein. “Nun nehmen die Aktionäre doch noch wahr, wie stark ihr Anteil an Uniper durch die Staatsrettung verwässert wird – selbst wenn der Rahmen weitgehend den Erwartungen entsprechen sollte”, sagte Analyst Frederik Altmann vom Brokerhaus Alpha. Der Bund stützt Uniper mit insgesamt 15 Milliarden Euro und übernimmt 30 Prozent der Anteile zu je 1,70 Euro.
Delivery Hero verbuchte mit einem Plus von zeitweise fast 21 Prozent den größten Kurssprung seit zweieinhalb Jahren. Der Essenslieferant peilt geringere Verluste an als für 2022 erwartet. Im Windschatten der Delivery Hero-Rally gewannen die Rivalen Deliveroo und Just Eat Takeaway ebenfalls.
Die Papiere von Ceconomy brachen dagegen so stark ein wie noch nie. Sie fielen um 26,7 Prozent auf 1,90 Euro, nachdem die MediaMarkt/Saturn-Mutter wegen geringerer Kauflaune der Verbraucher die Jahresziele senkte. Die neuen Prognosen lägen unter den Markterwartungen, kommentierte Analyst Volker Bosse von der Baader Helvea Bank. Außerdem stünden sie unter dem Vorbehalt, dass die Folgen des Ukraine-Krieges und der Pandemie die Konjunktur nicht weiter belasteten.
(Bericht von Anika Ross, Hakan Ersen, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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