Werbung
Werbung

Sunak nach Johnson-Verzicht Favorit auf Nachfolge von Truss

Von:
Reuters
Aktualisiert: Oct 24, 2022, 05:36 GMT+00:00

- von Paul Sandle London (Reuters) - Der britische Ex-Premierminister Boris Johnson wirft seinen Hut für die Nachfolge von Regierungschefin Liz Truss doch nicht in den Ring.

ARCHIV: Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson und Schatzkanzler Rishi Sunak in der Downing Street in London, Großbritannien

– von Paul Sandle

London (Reuters) – Der britische Ex-Premierminister Boris Johnson wirft seinen Hut für die Nachfolge von Regierungschefin Liz Truss doch nicht in den Ring.

Favorit ist nun Ex-Finanzminister Rishi Sunak, der schon am Montag Parteichef der Konservativen und neuer Premierminister werden könnte. Das britische Pfund, das zuletzt unter Druck gestanden hatte, legte angesichts der Entwicklung im asiatischen Handel zum Dollar um mehr als einen halben Cent zu.

Johnson teilte am Sonntagabend mit, er werde sich nicht an dem Ausscheidungsrennen seiner Partei beteiligen. Er habe zwar die Unterstützung von 102 Abgeordneten, liege aber weit hinter Ex-Finanzminister Rishi Sunak zurück. Es sei ihm nicht gelungen, Sunak oder die andere Kandidatin Penny Mordaunt davon zu überzeugen, sich im nationalen Interesse zusammenzuschließen. “Daher fürchte ich, dass es das Beste ist, meine Nominierung nicht weiterzuverfolgen und demjenigen meine Unterstützung zuzusichern, der die Nachfolge antritt.”

Johnson war erst kürzlich nach mehreren Skandalen von Amt des Premierministers zurückgetreten. Seine Nachfolgerin Liz Truss wiederum hatte nach nur sechs Wochen nach einer von Finanzmarktturbulenzen und politischen Wirren geprägten Regierungszeit das Handtuch geworfen. Die Tories wollen in der neuen Woche klären, wer Truss nachfolgt. Als Favorit gilt Sunak. Sollte außer dem 42-Jährigen niemand auf 100 Unterstützer-Stimmen oder mehr kommen, würde er schon am Montag zum neuen Parteichef und Premierminister ernannt werden. Sollte es zwei Kandidaten geben, haben die Parteimitglieder das Wort. Eine Entscheidung sollte in dem Fall bis Freitag stehen.

“EINFACH NICHT DAS RICHTIGE”

Johnson erklärte am Sonntagabend, es hätte zwar die sehr gute Chance gegeben, dass er bei der Wahl erfolgreich sein würde “und dass ich tatsächlich am Freitag wieder in der Downing Street sitzen könnte”. Im Laufe der letzten Tage sei er aber leider zu dem Schluss gekommen, “dass dies einfach nicht das Richtige wäre.” Man könne nicht effektiv regieren, wenn man nicht eine geeinte Partei im Parlament habe. “Ich glaube, dass ich viel zu bieten habe, aber ich fürchte, dass dies einfach nicht der richtige Zeitpunkt ist.”

Am Sonntag hatte es im Tagesverlauf noch geheißen, Johnson kämpfe trotz Gegenwind aus der eigenen Partei um eine erneute Amtszeit als Regierungschef. Nordirland-Minister Chris Heaton-Harris sagte dem Sender Sky, Johnson habe die dafür nötigen 100 Unterstützer aus dem Kreis konservativer Abgeordneter beisammen. “Wir haben die Anzahl. Das ist kein Problem”, hatte Heaton-Harris erklärt. Auf die Frage, ob Johnson auch antreten werde, erwiderte er: “Ja, ich denke schon.” Johnson selbst hatte nicht offen erklärt, dass er kandidieren wird.

Johnson war erst am Samstag aus einem Karibik-Urlaub nach London zurückgekehrt. Seinen Anhängern im Parlament gilt der 58-Jährige mit der markanten Zottelfrisur als Zugpferd bei Wahlen, da er mit seinem prominenten Image und seinem oft zur Schau getragenen Optimismus Wähler für sich gewinnen könne. Komplette Neuwahlen mit einer Abstimmung durch die Bürgerinnen und Bürger scheuen die Konservativen indes: Aufgrund der Johnson-Skandale und des Flops mit Truss liegen sie in Umfragen derzeit weit abgeschlagen zurück.

Johnson ist auch in seiner Partei wegen zahlreicher Skandale und einem laufenden Ermittlungsverfahren im Parlament umstritten. Hätte er kandidiert, hätte er am Montag bei der ersten Abstimmungsrunde der Tories gegen Sunak antreten müssen. Sunak hatte am Sonntag auf Twitter seine Bewerbung um den Parteivorsitz erklärt, der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse derzeit auch das Amt des Premierministers mit sich bringt. Die frühere Verteidigungsministerin Mordaunt geht nach eigenen Angaben ebenfalls ins Rennen.

Medienberichten zufolge hatten sich Johnson und Sunak am Samstagabend getroffen. Laut der “Times” kam es dabei aber zu keiner Übereinkunft. Johnson habe seinen Anhängern aber am Sonntagmorgen gesagt, er wolle die neue Regierung bilden.

Laut BBC liegt der an der Parteibasis als unpopulär geltende Sunak in dem Rennen um den Spitzenposten in Führung, da er bereits 129 Unterstützer-Stimmen sicher habe. Mehrere frühere Johnson-Unterstützer haben das Lager gewechselt und sich zuletzt offen für Sunak als neuen Premier ausgesprochen. Das lag auch an einem parlamentarischen Untersuchungsverfahren, das gegen Johnson läuft. Dabei soll geklärt werden, ob er dem Parlament über Parties an seinem Amtssitz während der Corona-Pandemie die Unwahrheit gesagt hat. Üblicherweise wird von Amtsträgern der Rücktritt erwartet, wenn sich herausstellt, dass sie das Parlament wissentlich belogen haben. Johnson war nach einer Reihe von Skandalen zurückgetreten. Der damalige Finanzminister Sunak hatte damals eine partei-interne Rebellion gegen ihn mit seinem Rücktritt in Gang gesetzt, weshalb ihn manche Tories als Verräter ansehen.

(Geschrieben von Ralf Bode und Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

Über den Autor

Reuterscontributor

Reuters, die Nachrichten- und Medienabteilung von Thomson Reuters, ist der weltweit größte internationale Multimedia-Nachrichtenanbieter, welche täglich mehr als eine Milliarde Menschen erreicht. Reuters bietet zuverlässige Geschäfts-, Finanz-, nationale und internationale Nachrichten über Thomson Reuters-Desktops, der weltweiten Medienorganisationen, sowie direkt an Verbraucher auf Reuters.com und über Reuters TV.

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung
Werbung