Wladiwostok (Reuters) - Russlands Präsident Wladimir Putin hat die vom Westen verhängten Sanktionen scharf kritisiert und zugleich für gescheitert erklärt.
Wladiwostok (Reuters) – Gut sechs Monate nach Beginn des Kriegs in der Ukraine und der damit einhergehenden Konfrontation mit dem Westen stellt Russlands Präsident Wladimir Putin das Vorgehen als rein vorteilhaft für sein Land dar.
“Wir haben nichts verloren und wir werden nichts verlieren”, sagte Putin am Mittwoch auf dem diesjährigen Wirtschaftsforum im ostrussischen Wladiwostok. Der wichtigste Zugewinn für Russland sei eine Stärkung der eigenen Souveränität. Putin räumte aber ein, dass der Einmarsch in der Ukraine zu Spaltungen auch im eigenen Land geführt habe. Die vom Westen verhängten Sanktionen kritisierte er scharf und erklärte sie zugleich für gescheitert. Die Zukunft liege ohnehin in Asien, was der Westen nicht aufhalten könne, so Putin.
Die neu gewonnene Souveränität werde sein Land von innen stärken, erklärte der Präsident, der bei seiner Rede die Ukraine kaum erwähnte und auf die Folgen des Einmarschs auf Nachfrage eines Moderators einging. Es gebe eine “gewisse Polarisierung, sowohl in der Welt als auch in unserem Land”. Putin betonte, sämtliche Maßnahmen Russlands dienten dem Ziel, den Menschen im ostukrainischen Donbass “zu helfen”. Dort hatte Russland zwei selbst ernannte pro-russische Volksrepubliken anerkannt, kurz bevor Zehntausende russische Soldaten in die Ukraine einmarschierten. Putin hat die Invasion der benachbarten Ex-Sowjetrepublik zuletzt verstärkt als Wendepunkt der Geschichte dargestellt, mit der Russland nach dem als demütigend empfundenen Niedergang der Sowjetunion 1991 zu neuer weltpolitischer Bedeutung gelangt.
Putin, der seit 1999 als Präsident oder Ministerpräsident die Geschicke Russlands bestimmt und im Oktober 70 wird, wies am Mittwoch Vorwürfe zurück, sein Land verstoße gegen Völkerrecht. Vielmehr bekräftigte er die Darstellung, dass die Regierung in Kiew ein illegitimes Regime sei. Es sei 2014 nach einem Putsch an die Macht gekommen, so Putin. Vor acht Jahren war der pro-russische Präsident der Ukraine, Viktor Janukowitsch, im Zuge von Massenprotesten gestürzt worden. Im selben Jahr annektierte Russland die Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
Der Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar wird in Moskau als Spezialeinsatz mit dem Ziel bezeichnet, in der Ukraine gegen als gefährlich eingestufte Nationalisten vorzugehen und militärische Kapazitäten zu zerstören. Die Ukraine und ihre Verbündeten sprechen hingegen von einem Angriffskrieg, der inzwischen Tausenden das Leben gekostet hat. Die USA, die EU, Großbritannien und andere Länder verhängten schärfste Strafmaßnahmen gegen Russland.
PUTIN: FINDEN ANDERE ABNEHMER FÜR ENERGIE-EXPORTE
Putin ging die USA und ihre Verbündeten bei dem Ost-Wirtschaftsforum scharf an: Deren Sanktionen seien kurzsichtig und eine Gefahr für die gesamte Welt. Der Westen habe die Weltwirtschaft ausgehöhlt mit einem aggressiven Versuch, seine internationale Vorherrschaft durchzusetzen. “Ich spreche von dem Sanktionsfieber des Westens, seine unverschämten, aggressiven Versuche, anderen Ländern Verhaltensweisen aufzuzwingen, sie um ihre Souveränität zu bringen und sie seinem Willen zu unterwerfen.” Dieser Versuch sei vergeblich gewesen, denn die Welt orientiere sich zunehmend in Richtung Asien, betonte Putin bei dem auf Investitionen in Russlands Fernem Osten fokussierten Forum. Dort saß auch ein hochrangiger KP-Funktionär aus China.
Angesichts des Konflikts mit dem Westen über die Ukraine hat sich Russland verstärkt Asien und dort vor allem der Volksrepublik zugewandt. China ist in den vergangenen Jahrzehnten vom einem der Sowjetunion untergeordneten Verbündeten zur zweitgrößten Volkswirtschaft nach den USA mit wachsendem politischem Selbstbewusstsein aufgestiegen.
Betont gelassen zeigte sich Putin angesichts der Sanktionen, die russische Einnahmen aus Energieexporten zum Versiegen bringen sollen. Russland werde keine Probleme haben, weltweit Abnehmer zu finden. So seien bereits sämtliche Eckpfeiler zum Verkauf von Gas an China über die Mongolei vereinbart. Überhaupt trotze die russische Wirtschaft den Maßnahmen des Westens, die er als finanzielle und technologische Aggression bezeichnete. Zugleich räumte der Präsident aber auch ein, dass es in einigen Branchen und Regionen Schwierigkeiten gebe. So hätten Unternehmen zu kämpfen, die auf Zulieferungen aus Europa angewiesen seien.
(Bericht von Reuters-Reportern, bearbeitet von Elke Ahlswede, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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