Moskau (Reuters) - Russlands Präsident Wladimir Putin legt knapp ein Jahr nach Beginn des Krieges in der Ukraine die Bemühungen um eine Begrenzung strategischer Atomwaffen auf Eis.
(stellt im FOKUS 2 von Dienstag, 21. Februar, durchgängig klar, Teilnahme an Vertrag wird ausgesetzt, nicht Verhandlungen über Vertrag)
Moskau (Reuters) – Russlands Präsident Wladimir Putin legt knapp ein Jahr nach Beginn des Krieges in der Ukraine die Bemühungen um eine Begrenzung strategischer Atomwaffen auf Eis.
In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte er am Dienstag vor dem Parlament in Moskau an, die Teilnahme am Neuen START-Vertrag mit den USA auszusetzen. Mit dem Abkommen sollen die strategischen Atomwaffenarsenale beider Staaten begrenzt werden. Dem Westen warf er vor, Schuld an dem Krieg mit der ehemaligen Sowjetrepublik zu sein.
“Wir ziehen uns nicht daraus zurück, aber wir setzen unsere Teilnahme aus”, sagte Putin zum Neuen START-Vertrag (“Strategic Arms Reduction Treaty”, Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen). Russland werde keine Atombomben testen, aber wenn die USA dies täten, werde Russland das ebenfalls tun. “Niemand sollte sich gefährlichen Illusionen hingeben, dass die globale strategische Parität zerstört werden kann”, sagte der Präsident. Er erklärte weiter, vor einer Woche ein Dekret über den Einsatz neuer bodengestützter strategischer Systeme im Kampfeinsatz unterzeichnet zu haben. Zunächst war unklar, was er damit gemeint haben könnte.
Der Neue START-Vertrag wurde 2010 in Prag unterzeichnet, trat 2011 in Kraft und wurde 2021 nach Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden um weitere fünf Jahre verlängert. Er begrenzt die Zahl der strategischen Atomsprengköpfe, die die USA und Russland stationieren können, sowie die Stationierung von land- und unterseegestützten Raketen und Bombern, um sie zu transportieren. Zusammen besitzen Russland und die USA rund 90 Prozent der weltweiten Atomsprengköpfe.
PUTIN: WESTEN MACHT UKRAINE-KONFLIKT ZUM GLOBALEN KONFLIKT
Dem Westen warf Putin mit Blick auf die Ukraine vor, einen lokalen Konflikt zu einem globalen zu machen. “Wir verstehen das so, und wir werden entsprechend reagieren”, sagte Putin wenige Tage bevor sich der Beginn der russischen Invasion der Ukraine jährt. Russland habe sich bemüht, das Problem im Donbass friedlich zu lösen. Aber der Westen habe ein anderes Szenario vorbereitet. “Sie haben den Krieg begonnen. Wir haben alles getan, um ihn zu stoppen.” In dem industriell geprägten Gebiet in der Ost-Ukraine tobten bereits Jahre vor Kriegsbeginn Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und pro-russischen Separatisten.
Putin warf dem Westen vor, nach “grenzenloser Macht” zu streben. “Die Geldflüsse aus dem Westen in den Krieg nehmen nicht ab.” Für den Westen stünden Billionen Dollar auf dem Spiel. Die westlichen Länder hätten schon vor langer Zeit damit begonnen, die Ukraine zu einer Art “Anti-Russland” zu machen. In vielen Regionen der Welt habe der Westen Chaos und Krieg gesät. “Der Westen hat den Geist aus der Flasche gelassen”, sagte Putin. “Die Verantwortung für die Eskalation in der Ukraine liegt bei den westlichen Eliten.”
Schon vor Beginn des von Putin so bezeichneten militärischen Sondereinsatzes in der Ukraine habe die Regierung in Kiew mit dem Westen über Waffenlieferungen gesprochen. Der Westen habe in zynischer Weise die eigene Bevölkerung betrogen. “Wir haben alles getan, um dieses Problem friedlich zu lösen und einen friedlichen Weg aus diesem schwierigen Konflikt auszuhandeln, aber hinter unserem Rücken wurde ein ganz anderes Szenario vorbereitet”, sagte Putin mit Blick auf den Donbass.
Putin zeigte sich überzeugt, dass die Mehrheit der russischen Bevölkerung das Vorgehen seiner Regierung unterstütze. “Ich möchte den russischen Menschen für die Entschlossenheit und den Mut danken.” Den Familien gefallener Soldaten und Kriegsveteranen versprach er finanzielle Hilfe und kündigte zu diesem Zweck einen staatlichen Sonderfonds an.
Die russische Wirtschaft hat sich Putin zufolge als weitaus stärker erwiesen als vom Westen erwartet. “Der Westen bekämpft uns an der Wirtschaftsfront”, sagt er. Er werde aber keinen Erfolg haben. Der Westen habe Preiserhöhungen und Arbeitsplatzverluste provoziert sowie Sanktionen verhängt, um das russische Volk leiden zu lassen. “Aber ihre Rechnung ist nicht aufgegangen. Die russische Wirtschaft und das Management haben sich als viel stärker erwiesen als sie dachten.”
(Bericht: Guy Faulconbridge und Vladimir Soldatkin, geschrieben von Sabine Ehrhardt und Hans Busemann. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)
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