Frankfurt (Reuters) - Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann rechnet angesichts einer anhaltend hohen Inflation im Euroraum noch mit einer ganzen Serie kräftiger Zinserhöhungen der EZB in diesem Jahr.
Dublin/Frankfurt/Mailand (Reuters) – EZB-Chefvolkswirt Philip Lane erwartet wegen der anhaltend hohen Inflation auch nach diesem Monat noch kein Ende des Zinserhöhungskurses.
Sein Ratskollege, Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann, rechnet sogar mit einer ganzen Serie kräftiger Schritte nach oben. Deutlich vorsichtiger äußerte sich am Montag dagegen Portugals Notenbank-Chef Mario Centeno. Er plädierte dafür, nach dem März auf Sicht zu fahren und vor allem datengestützt voranzuschreiten. Für die nächste Zinssitzung am 16. März gilt eine Anhebung um 0,50 Prozentpunkte unter den Währungshütern bereits als so gut wie ausgemacht. Diese Intention hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Sonntag nochmals bekräftigt.
“Die aktuellen Informationen über den zugrundeliegenden Inflationsdruck deuten darauf hin, dass es angemessen sein wird, die Zinsen nach unserer März-Sitzung weiter anzuheben”, sagte Lane in einem Vortrag am Trinity College in Dublin. Insgesamt zeige das Wärmebild (Heatmap) für die Teuerung an, dass der Inflationsdruck weiterhin stark sei. “Doch es gibt Anzeichen für eine Abschwächung”, fügte er hinzu. Jüngste Beobachtungen legten nahe, dass der von der Energieseite ausgehende Preisdruck nachlasse. Gleiches gelte für andere Rohstoffe. Auch von der globalen und heimischen Wirtschaftstätigkeit sowie von angebotsseitigen Engpässen gehe weniger Preisdruck aus.
Dagegen weisen Lane zufolge andere Indikatoren wie das Wachstum der Löhne auf steigenden Druck hin. Um die zugrundeliegende Teuerung abschätzen zu können, müsse die jüngste Lohnentwicklungen daher genau beobachtet werden. Die EZB hat seit Juli 2022 die Zinsen in rascher Abfolge bereits um insgesamt drei Prozentpunkte erhöht. Die Teuerungsrate war aber zuletzt im Februar nur minimal auf 8,5 Prozent von 8,6 Prozent im Januar gesunken. Das ist immer noch mehr als viermal so hoch wie das Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank. Sorgen bereitet ihr, dass die Kernrate, in der die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, weiter ansteigt. Im Februar lag dieses Inflationsmaß bei 5,6 Prozent nach 5,3 Prozent im Januar.
HOLZMANN: RESTRIKTIVES ZINSNIVEAU ERST AB VIER PROZENT
Österreichs Notenbankchef Holzmann geht davon aus, dass sich die Kernrate im ersten Halbjahr nicht wesentlich abschwächen wird, wie das EZB-Ratsmitglied dem “Handelsblatt” sagte. “In diesem Fall erwarte ich, dass wir die Zinsen in diesem Jahr noch viermal um einen halben Prozentpunkt erhöhen.” Das wären Holzmann zufolge Schritte im März, im April, im Juni und im Juli, womit der Einlagensatz auf 4,50 Prozent steigen würde. Aktuell liegt dieser an den Finanzmärkten maßgebliche Zinssatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bei 2,50 Prozent.
“Selbst wenn wir die Zinsen jetzt drei Mal um 0,5 Prozentpunkte erhöhen, sind wir erst bei einem Einlagenzins von vier Prozent”, sagte Holzmann. Erst dort würden die Währungshüter ungefähr in den restriktiven Bereich kommen. Damit bezeichnen Volkswirte ein Zinsniveau, das eine Wirtschaft bremst. “Meine Hoffnung ist, dass wir innerhalb der nächsten zwölf Monate den Zinshöhepunkt erreicht haben”, sagte Holzmann.
Nach Ansicht von Portugals Notenbankchef Centeno sollte die EZB nach dem März dagegen vor allem datenabhängig vorgehen. Die neuen Konjunktur- und Inflationsprognosen der EZB-Volkswirte, die zur März-Sitzung veröffentlicht werden sollen, spielten dabei eine zentrale Rolle, sagte er der italienischen Tageszeitung “La Stampa”. “Das sind die wichtigsten Daten für die Ausrichtung unserer künftigen Entscheidungen.” Der bisherige Zinserhöhungsprozess sei zu schnell verlaufen. “Wir müssen etwas geduldig sein, damit sich die Anhebungen um 300 Basispunkte auf die Inflation auswirken können, denn das ist unser Hauptziel.” Am Finanzmarkt wird derzeit erwartet, dass die EZB den Zinshöhepunkt beim Einlagensatz bis Ende des Sommers bei etwa vier Prozent erreichen wird.
(Bericht von Padraic Halpin, Federico Maccioni, Frank Siebelt; Redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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