Berlin (Reuters) - Der Wahlsieg von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sorgt bei Wirtschafts-Vertretern und Ökonomen in Deutschland für Aufatmen.
Berlin (Reuters) – Der Wahlsieg von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sorgt bei Wirtschafts-Vertretern und Ökonomen in Deutschland für Aufatmen.
Die Wiederwahl Macrons sei ein wichtiges Zeichen für Frankreich und ein geeintes Europa, erklärte der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm am Montag. “Die deutsche Industrie ist erleichtert, dass Frankreich ein starker Partner in einer Zeit internationaler Krisen bleibt.” Die großen Herausforderungen durch den Ukraine-Krieg und Corona, im Klimaschutz und der Digitalisierung erforderten einen intakten deutsch-französischen Motor im Herzen Europas. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer sagte Reuters: “Die Finanzmarktteilnehmer sind über die Wiederwahl Macrons erleichtert.”
Macron hat die Stichwahl um das Präsidentenamt mit 58,55 Prozent der abgegebenen Stimmen gewonnen. Seine euroskeptische Herausforderin Marine Le Pen kam auf 41,45 Prozent und schnitt damit besser ab als bei der zweiten Runde 2017. “Die französischen Wähler haben Frankreich und Europa vor großen Problemen bewahrt”, bilanzierte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Auch Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank betonte, der Erfolg des 44-jährigen Amtsinhabers sei eine gute Nachricht für Europa. “Ein Sieg Marine Le Pens hätte die EU in ihren Grundfesten erschüttert und hätte langfristig wohl auch ein Fragezeichen hinter die Überlebensfähigkeit der Europäischen Gemeinschaftswährung gesetzt.” Eine gemeinsame Währung benötige mehr Europa und nicht weniger. Ein schaler Nachgeschmack bleibe dennoch: Immerhin habe die EU-kritische Le Pen im nach Einwohnern zweitgrößten EU-Staat über 40 Prozent der Stimmen geholt. “Wer kann ausschließen, dass es nicht in fünf Jahren tatsächlich zum Sieg reicht?”, sagte Gitzel.
BGA FORDERT: DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN MOTOR WIEDER HOCHFAHREN
BDI-Chef Russwurm appellierte an Macron, Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Europas Industrie müsse wegen des Ukraine-Kriegs mit spürbaren Wachstumseinbußen für die kommenden Jahre rechnen. Die Unternehmen litten stark unter hohen Energiepreisen und gestörten Lieferketten. “Eine enge Zusammenarbeit der Regierungen in Paris und Berlin bleibt unersetzlich, um die Abhängigkeit von russischen Energieträgern zu reduzieren und Europas Wachstum zu stärken.” Auch der Chef des Exportverbands BGA, Dirk Jandura, forderte: “Es ist Zeit, den deutsch-französischen Motor wieder hochzufahren, damit Europa in Handelsfragen nicht von USA und China abgehängt wird.”
Die Präsidentin der Hertie School in Berlin, Cornelia Woll, sieht den Wahlsieg als wichtiges Signal an europäische Partner. Macron müsse jetzt beweisen, dass er Präsident aller Franzosen sei, und sein Image als elitärer Musterschüler abstreifen, sagte sie Reuters. “Schon bei den Parlamentswahlen im Juni wird seine Agenda erneut auf dem Prüfstand stehen.” Der Wirtschaftsweise Achim Truger sprach von “großem Aufatmen” nach Macrons Triumph. “Hoffentlich bekommt er in der zweiten Amtszeit mehr Unterstützung aus Deutschland für seine EU-Initiativen – auch in der Fiskalpolitik.”
Deutschland muss nach Worten der parlamentarischen Wirtschafts-Staatssekretärin Franziska Brantner Ängste gegenüber Macron ablegen. “Es liegt auch an uns”, sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk. Es gebe immer noch Sorgen, dass die französische Politik vor allem die deutsche Industrie schwächen wolle. Aber Macron sei kein Nationalist. “Wir haben eine gemeinsame proeuropäische Linie.” Als gemeinsame Handlungsfelder nannte die Grünen-Politikerin etwa die Klimaschutzpolitik, die Ukraine und die Frage, wie Europa bei Rohstoffen und Lieferketten unabhängiger werden könne.
Reuters, die Nachrichten- und Medienabteilung von Thomson Reuters, ist der weltweit größte internationale Multimedia-Nachrichtenanbieter, welche täglich mehr als eine Milliarde Menschen erreicht. Reuters bietet zuverlässige Geschäfts-, Finanz-, nationale und internationale Nachrichten über Thomson Reuters-Desktops, der weltweiten Medienorganisationen, sowie direkt an Verbraucher auf Reuters.com und über Reuters TV.