- von Michel Rose und Liz Lee Peking (Reuters) - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzt darauf, dass China Russland zum Einlenken im Ukraine-Krieg bewegen kann.
– von Michel Rose und Ethan Wang
Peking (Reuters) – Ungeachtet wachsender Spannungen zwischen dem Westen und China will die Regierung in Peking enger mit der EU zusammenarbeiten und das “gegenseitige strategische Vertrauen” stärken.
Das sagte Chinas Präsident Xi Jin-Ping am Donnerstag nach Angaben des chinesischen Staatssender CCTV nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Peking. Von der Leyen sprach von “komplexen Beziehungen” zwischen der EU und China. Vor dem gemeinsamen Besuch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sie auf die Notwendigkeit verwiesen, sich von China unabhängiger zu machen. Macron war mit einer 50-köpfigen französischen Wirtschaftsdelegation angereist. Er warnte vor einer wirtschaftlichen Abkoppelung von China.
Sowohl Macron als auch die EU-Kommissionspräsidentin drängten Xi zu einem stärkeren Einfluss auf Russland, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Der Besuch fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem sich die Spannungen zwischen China und Taiwan verschärfen. Grund ist ein Treffen der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Die Stabilität in der Straße von Taiwan sei von größter Bedeutung, sagte von der Leyen nach dem Gespräch mit Xi. Niemand dürfe den Status quo in dieser Region einseitig durch die Androhung von Gewalt verändern.
SPAGAT ZWISCHEN ABGRENZUNG UND WIRTSCHAFTSVERTRÄGEN
Macron hatte bereits vor der Reise gewarnt, man dürfe China nicht ausgrenzen. Von der Leyen hatte dagegen im Vorfeld der Reise erklärt, dass die EU-Staaten ihre Abhängigkeit von China reduzieren müssten. Als Kanzler Olaf Scholz Ende 2022 mit einer kleinen Wirtschaftsdelegation und ohne Abschlüsse nach Peking gereist war, hatte dies noch erhebliche Kritik ausgelöst.
Frankreichs Präsident sagte, der Westen müsse Peking einbinden, um die Krise zu beenden und wachsende Spannungen zu verhindern. Es drohe, dass die Welt in zwei sich bekriegende Blöcke gespalten werde, sagte er in Anspielung auf die USA und China.
Xi bezeichnete den Besuch Macrons und von der Leyens nach Angaben chinesischer Staatsmedien als positives Zeichen dafür, dass Europa seine Beziehungen mit China weiterentwickeln wolle. China und die EU sollten ein “korrektes gegenseitiges Verständnis aufbauen und Missverständnisse und Fehleinschätzungen vermeiden”, fügte er laut CCTV hinzu. Von der Leyen betonte zu Beginn des Gesprächs, dass ihr Vater, der früher niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht, 1984 das erste Kooperationsabkommen zwischen Niedersachsen und der chinesischen Provinz Anhui abgeschlossen habe.
Der französische Präsident wies gegenüber Journalisten den Vorwurf zurück, dass sein Besuch dem Ziel der EU widerspreche, Risiken im Verhältnis zu China abzubauen. “Strategische Autonomie bedeutet nicht Autarkie”. Es gebe immer noch Geschäftsmöglichkeiten in Sektoren, in denen die nationale Sicherheit nicht gefährdet sei, wie etwa in der Landwirtschaft. “Das ist der Unterschied zwischen Risikoabbau und Abkopplung.”
Allerdings gab es auch chinesisch-französische Vertragsabschlüsse in sensiblen Technologiebereichen wie der Atomtechnik und dem Flugzeugbau. Der staatliche französische Energieversorger EDF und der chinesische Energieversorger CGN, beides große Betreiber von Kernkraftwerken, erneuerten ihre langjährige Partnerschaft. Außerdem wurden Verträge zwischen EDF und China Energy Investment Corporation für Offshore-Windkraftanlagen geschlossen. Airbus-Chef Guillaume Faury unterzeichnete am Donnerstag am Rande des Besuchs eine Vereinbarung über eine zweite Montagelinie in China. Damit verdoppeln sich die Produktionskapazitäten des Flugzeugbauers Airbus in der Volksrepublik. Zudem erhielt Airbus grünes Licht für die bereits vorher vereinbarte Lieferung von 160 Flugzeugen nach China, teilte das französische Präsidialamt mit.
MACRON DRÄNGT XI ZU EINFLUSSNAHME AUF RUSSLAND
Macron setzt darauf, dass China Russland zum Einlenken im Ukraine-Krieg bewegen kann. “Die russische Aggression in der Ukraine hat der (internationalen) Stabilität einen Schlag versetzt”, sagte er in Peking bei dem Gespräch mit Xi. Der russische Angriff habe die Friedensordnung in Europa zerstört. “Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann, wenn es darum geht, Russland zur Vernunft zu bringen und alle an den Verhandlungstisch zurückzuholen.” Präsident Xi erwiderte, er setze darauf, dass die Konfliktparteien bald mit Friedensverhandlungen beginnen würden.
Xi war erst vor wenigen Tagen zu einem längeren Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau gewesen. Beide Ländern hatten dabei ihre enge Zusammenarbeit betont. Xi hat nach Angaben französischer Diplomaten erneut betont, dass er “zu gegebener Zeit” auch mit Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj sprechen werde. Von der Leyen sagte, sie habe Xi zu einem Gespräch mit Selenskyj ermutigt.
(Mitarbeit: Laurie Chen, GV De Clercq; geschrieben von Andreas Rinke, redigiert von Hans Busemann.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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