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Lindner und Habeck geraten bei Haushalt 2024 aneinander

Von:
Reuters
Veröffentlicht: Feb 16, 2023, 06:37 GMT+00:00

- von Andreas Rinke Berlin (Reuters) - Wenige Tage nach der Berlin-Wahl sind Bundesfinanzminister Christian Lindner und Vizekanzler Robert Habeck bei der Aufstellung des Haushalts 2024 heftig aneinander geraten.

Lindner und Habeck geraten bei Haushalt 2024 aneinander

– von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) – Wenige Tage nach der Berlin-Wahl sind Bundesfinanzminister Christian Lindner und Vizekanzler Robert Habeck bei der Aufstellung des Haushalts 2024 heftig aneinander geraten.

“Wir bitten Sie, keine weiteren öffentlichen oder internen Vorfestlegungen zu treffen, die einseitig weitere Ausgaben priorisieren”, heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief Habecks an den FDP-Chef vom Dienstag. Ausdrücklich nannte er dabei “stellvertretend für die von den Grünen geführten Ministerien” die Bereiche Aktienrente, Bundeswehr und Umsatzsteuerermäßigung für die Gastronomie.

Habeck schlug zudem vor, darüber zu beraten “wie wir Einnahmen verbessern”, umweltschädliche Subventionen abbauen und Programme identifizieren könnten, die durch Ordnungsrecht ersetzt werden. Damit sind etwa Verbote für Technologien mit einem hohen CO2-Ausstoß gemeint. Man muss “neue und alternative Wege” finden, um politische Projekte zu verwirklichen und die Schuldenbremse einzuhalten, forderte der Grünen-Minister. Da noch keine Vorschläge auf dem Tisch lägen, “können wir die Eckwerte (für den Haushalt 2024) so auch nicht akzeptieren”. Derzeit verhandelt das Finanzministerium für die Haushaltsaufstellung mit den Ministerien über deren Finanzbedarf.

Finanzminister Lindner wies die Forderung Habecks in einem ebenfalls Reuters vorliegenden Brief von Mittwoch zurück. Zum einen wundere er sich, dass die grünen Ministerien die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2024 offensichtlich nicht mehr akzeptierten. Dabei seien diese vom Bundeskabinett am 16. März 2022 ebenso wie der Finanzplan bis 2026 beschlossen worden, schrieb er. Daran fühle sich das Finanzministerium gebunden, betont der FDP-Politiker. Zudem warnte er, dass der Wunsch, keine Priorisierung vorzunehmen, nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die “Bildungsmilliarde” zur Stärkung der Schulen treffen würde.

Hintergrund der Debatte ist, dass etwa Verteidigungsminister Boris Pistorius einen erheblichen Mehrbedarf für den Verteidigungsetat 2024 angemeldet hat und auf Unterstützung von Kanzler Olaf Scholz und SPD-Chef Lars Klingbeil verweist. In Medienberichten war von zusätzlichen zehn Milliarden Euro die Rede. Für die von der FDP im Koalitionsvertrag durchgesetzte sogenannten Aktienrente als neuen Pfeiler der Alterversorgung sind zehn Milliarden Euro vorgesehen. Bei den Grünen wächst deshalb die Sorge, dass für ihnen wichtige Projekte kein Geld mehr zur Verfügung stehen könnte.

Neuer streit um die schuldenbremse

Ein offensichtlicher Streitpunkt zwischen dem Vizekanzler und dem Finanzminister ist der Umgang mit der Schuldenbremse. Habeck betonte in seinem Brief zwar, dass auch er die Schuldenbremse nicht infrage stellen wolle. “Vereinbart wurden aber ebenfalls andere Projekte, die keinesfalls nachrangig zur Einhaltung der Schuldenbremse stehen”, fügte er aber hinzu.

Der Finanzminister antwortete darauf: “Stellvertretend für die von den Freien Demokraten geführten Ministerien darf ich feststellen, dass Steuererhöhungen oder sonstige strukturelle Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger oder die Wirtschaft vom Koalitionsvertrag ausgeschlossen sind.” Politische Vorhaben im Koalitionsvertrag seien im übrigen nachrangig zu der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse.

Lindner betonte, dass gerade in Anbetracht der wirtschaftlichen Lage “eine zusätzliche steuerliche Belastung des Standorts Deutschland auch ökonomisch falsch sei” – eine Spitze gegen Wirtschaftsminister Habeck. Süffisant fügte er mit Blick auf Habecks Bekenntnis zur Schuldenbremse hinzu: “Mit Erleichterung habe ich aufgenommen, dass die von den Grünen geführten Ministerien das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland nicht infrage stellen.”

In der Ampel-Koalition schwelt seit langem ein Streit um die Einhaltung der Schuldenbremse. Die FDP beharrt auf die Einhaltung im kommenden Jahr und hatte bisher die Unterstützung von Kanzler Olaf Scholz. Die Grünen und auch SPD-Chefin Saskia Esken hatten sich dagegen offen für eine weitere Aussetzung gezeigt, weil nötige Investitionen Vorrang hätten.

Nach der Berlin-Wahl, bei der die FDP aus der Abgeordnetenkammer geflogen ist und die Grünen an dritter Stelle landeten, war erwartet worden, dass sich das Klima in der Ampel-Koalition verschlechtern könnte. Differenzen bei der Haushaltaufstellung sind zwar normal. Grüne und FDP streiten aber bereits seit Wochen über das Planungsrecht, das beschleunigt werden soll. Die Grünen würden dabei gerne Autobahnprojekte ausklammern, die FDP dringt auf eine generelle Beschleunigung für Infrastrukturvorhaben. Sowohl der Kanzler als auch führende SPD-Politiker haben deutlich gemacht, dass auch sie eher für eine generelle Planungsbeschleunigung sind.

Die Ampel-Regierung will die Verhandlungen über die Eckwerte für den Haushalt 2024 und die Finanzplanung bis zum 3. März abschließen. Die Eckwerte sollen dann vom Kabinett am 15. März beschlossen werden. Die Kabinettsentscheidung über den Haushalt ist für den 21. Juni geplant.

(Mitarbeit: Holger Hansen; redigiert von Hans Busemann.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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