- von Balazs Koranyi Washington (Reuters) - Mehr und mehr Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) sprechen sich laut Insidern dafür aus, den billionenschweren Anleihenbestand der Notenbank schneller als bislang abzubauen.
– von Balazs Koranyi
Washington (Reuters) – Mehr und mehr Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) sprechen sich laut Insidern dafür aus, den billionenschweren Anleihenbestand der Notenbank schneller als bislang abzubauen.
Dabei zielten sie auf die rund 3,2 Billionen Euro schweren Bestände an Papieren aus dem älteren Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) ab, wie fünf Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Aus ihrer Sicht sollte die EZB die Reinvestitionen in dem Programm bereits im zweiten Halbjahr komplett beenden. Die schnellere Verringerung der Bilanz solle den Straffungskurs der Euro-Wächter im Kampf gegen die hohe Inflation flankieren. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zunächst ab.
Aktuell werden die Bestände aus dem APP-Programm bereits abgebaut, da die Tilgungsbeträge von Papieren bei Fälligkeit nicht mehr vollumfänglich reinvestiert werden. Bis Ende Juni sollen so monatlich APP-Bestände im Volumen von 15 Milliarden Euro abgeschmolzen werden. Doch den Insidern zufolge geht der Abbau zu langsam vonstatten. Keiner der Personen befürwortete allerdings einen direkten Verkauf der Bestände. Das könne womöglich noch später geschehen, sei aber nicht Gegenstand der Diskussionen.
Laut den Insidern soll die EZB aber keinen abrupten Stopp vollziehen. Mit der Beibehaltung von Flexibilität könne sie auf Phasen wie die Banken-Turbulenzen im vergangenen Monat reagieren. Aber wenn es an den Finanzmärkten ruhig zugehe wie momentan, solle sie alle fälligen Anleihen auslaufen lassen. Den Insidern zufolge hat die Euro-Zone die Turbulenzen gut gemeistert. Zudem habe die EZB mit dem bislang nicht eingesetzten Anleihen-Schutzschirm TPI ein Instrument in der Hinterhand, um im Notfall auf größere Marktverwerfungen reagieren zu können. Mit dem Transmission Protection Instrument (TPI) will sie notfalls Anleihen hoch verschuldeter Euro-Staaten erwerben, sollten diese am Anleihenmarkt ungerechtfertigt unter Druck geraten.
Ein Stopp der Reinvestition könnte aus Sicht der Insider zwar die Kreditkosten hochtreiben. Allerdings steige die Nachfrage nach Anleihen und ein mangelndes Anlegerinteresse sei nicht auszumachen. Die EZB hat bereits angekündigt, den monatlichen Abbau um 15 Milliarden Euro bis Ende Juni fortzusetzen. Wie stark das Abbau-Tempo danach sein soll, wird noch geprüft. Das könnte auf der Juni-Zinssitzung festgelegt werden.
Sobald die APP-Reinvestitionen beendet seien, würden sich die Diskussion dann um das Pandemie-Krisenprogramm PEPP drehen, sagten die Insider. Dessen Anleihen-Bestände liegen aktuell bei rund 1,68 Billionen Euro. Bisherigen Planungen der EZB zufolge sollen die PEPP-Reinvestitionen noch bis mindestens Ende 2024 vollumfänglich fortgesetzt werden. Diese zu beenden ist den Insidern zufolge komplizierter als beim APP-Programm. Denn die EZB könne diese Käufe flexibel zu Gunsten einzelner Länder ausrichten, sollten es zu Stress an den Börsen kommen. Die Insider wiesen darauf hin, dass dieses Portfolio auch aktiver genutzt werde. Die PEPP-Reinvestitionen gelten als erstes Verteidigungsinstrument für den Fall, dass Anleihen einzelner Euro-Staaten unter Druck geraten.
(Bearbeitet von Frank Siebelt; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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