Berlin (Reuters) - Trotz drohender Rezession hellt sich die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen weiter auf.
Berlin (Reuters) – Trotz drohender Rezession hellt sich die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen weiter auf.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Februar erwartungsgemäß auf 91,1 Zähler von 90,1 Punkten im Vormonat und damit das vierte Mal in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. “Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich allmählich aus ihrer Schwächephase heraus”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Unternehmen waren zwar unzufriedener mit ihren aktuellen Geschäften als zuletzt, blickten aber zuversichtlicher nach vorn. “Die deutsche Wirtschaft wird um eine Rezession nicht herumkommen”, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, der Nachrichtenagentur Reuters. “Diese wird aber mild ausfallen.”
Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte Ende 2022 um 0,2 Prozent. Geht es im laufenden ersten Vierteljahr erneut nach unten, sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession. Wohlrabe zufolge dürfte vor allem der private Konsum schwächeln. So seien viele Autokäufe auf das Jahresende 2022 vorgezogen worden, während viele Verbraucher nun mit deutlich höheren Abschlagszahlungen ihrer Stadtwerke für Energie konfrontiert seien. “Dadurch dürfte sich der Konsum schwächer entwickeln.”
Vor allem die geopolitische Unsicherheit dürfte verhindern, dass Privathaushalte und Unternehmen wirklich optimistisch werden, sagte auch Chefstratege Robert Greil von der Bank Merck Finck. “Für große Wachstumssprünge wird es damit kaum reichen.” Allerdings sei eine Rezession – “insbesondere ein einschneidender Abschwung, deutlich unwahrscheinlicher geworden”. DZ Bank-Experte Christoph Swonke betonte: “Zur Mitte des ersten Quartals 2023 bleibt der Gegenwind für die deutsche Wirtschaft hoch.” Die besseren Geschäftserwartungen schürten aber die Hoffnung auf eine moderate Erholung ab Frühjahr. KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib rechnet damit, dass die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank mit den gestiegenen Zinsen erst in diesem Jahr ihre volle Bremswirkung entfaltet. “Gemessen an den Befürchtungen vom letzten Jahr wäre aber auch eine Stagnation 2023 durchaus schon ein Erfolg.”
In der Industrie kletterte die Stimmung auf den höchsten Wert seit Mai 2022, vor allem wegen merklich verbesserter Erwartungen der Betriebe. “Sie beurteilten jedoch ihre laufenden Geschäfte etwas schlechter”, betonte Ifo-Chef Fuest. “Die Unternehmen verzeichneten weniger Neuaufträge.”
Im Dienstleistungssektor verbesserte sich das Geschäftsklima das fünfte Mal in Folge. Hauptsächlich im Gastgewerbe und im Tourismus habe sich die Stimmung sehr gut entwickelt, erläuterte der Ifo-Präsident. Auch im Handel läuft es besser. “Der Groß- und Einzelhandel lassen den Stimmungsabsturz aus dem Vorjahr hinter sich.” Am Bau ging es etwas bergauf, dank besserer Lageeinschätzung der Firmen. “Ihre Erwartungen sind jedoch weiterhin von großem Pessimismus geprägt.”
WIRTSCHAFT HÄLT ZUM HANDELSPARTNER UKRAINE – RUSSLAND ADÉ
Zuletzt gab es gemischte Konjunktursignale. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft – Industrie und Dienstleister zusammen – stieg im Februar bereits das vierte Mal in Folge und signalisierte zum ersten Mal seit acht Monaten wieder Wachstum. Die Bundesbank warnt aber vor einer Winterrezession in Deutschland.
Wegen des Krieges ist der deutsche Handel mit der Ukraine 2022 zwar um gut elf Prozent gesunken, aber weniger stark eingebrochen als befürchtet. “Er befindet sich seit dem Spätherbst sogar auf Erholungskurs”, sagte der Geschäftsführer des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, Michael Harms. Die deutschen Firmen im Land hätten die Produktion wo immer möglich aufrechterhalten oder schnell wieder hergestellt. “Kein relevantes Unternehmen hat das Land verlassen”, betonte Harms. Russland hingegen werde noch stärker an Bedeutung als Handelspartner und Investitionsstandort verlieren. “Die Entflechtung vom russischen Markt kommt schnell voran und wird sich 2023 weiter fortsetzen”, sagte Harms.
(Weiterer Reporter: Andreas Rinke, redigiert von Sabine Ehrhardt – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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