Berlin (Reuters) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den Ausbau erneuerbarer Energien mit einem neuen Maßnahmenpaket vorantreiben.
Berlin (Reuters) – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den Ausbau erneuerbarer Energien mit einem neuen Maßnahmenpaket vorantreiben.
Dabei solle vor allem bei den Finanzierungsbedingungen angesetzt werden, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Berlin nach Beratungen mit Vertretern der Industrie. Die Pläne enthalten allerdings viele Prüfaufträge, deren Ergebnisse noch offen sind. Außerdem wollte Habeck, der zuletzt mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) wegen der Haushaltspläne für 2024 aneinandergeraten ist, den finanziellen Bedarf nicht beziffern. Vertreter der Wirtschaft pochten auf langfristig verlässliche Investitionsbedingungen. Durch das riesige US-Subventionspaket zur Förderung klimafreundlicher Technologien droht Europa ins Hintertreffen zu geraten.
Habeck sagte, Investitionen in Solar- und Windkraftanlagen sowie Stromkabel und Stromnetze stärker finanziell fördern zu wollen. Bestehende Töpfe dafür sollten angepasst und neue gezielt konzipiert werden. Zeitlich befristet dürften auch Betriebskostenzuschüsse nötig werden. Habeck machte sich erneut für “Superabschreibungen” stark, bei denen grüne Investitionen viel stärker als normal sofort von der Steuer abgesetzt werden können. Extern soll überprüft werden, ob die Bundesregierung mit vergleichbaren oder in der Wirkung ähnlichen Instrumenten wie im US-Subventionspaket antworten kann. Die USA locken Investoren vor allem mit großzügigen Steuergutschriften.
Die Maßnahmen in Deutschland sollen dazu beitragen, das Ausbautempo in der Wind- und Solarbranche wie von der Bundesregierung geplant zu verdreifachen. Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen kommen – fast doppelt so viel wie heute.
Ohne schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren könnten die Pläne nicht gelingen, so Habeck, der auch die Länder in der Pflicht sieht. Ohne mehr Möglichkeiten für Staatenhilfen in Europa werde es auch nicht klappen. Habeck ergänzte, es gehe nicht um klassische Ausgaben, eher Beteiligungen, Garantien oder Bürgschaften, die oft keine Verluste nach sich zögen.
Jörg Ebel, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft, sprach von einem beispiellosen Kampf um die Zukunft der Branche. “Die globale Solartechniknachfrage explodiert. Und auch um die Produktionsstandorte künftiger Solarfabriken ist ein sehr harter internationaler Wettbewerb entbrannt.” In Deutschland gebe es vor allem bei der Produktion erheblichen Nachholbedarf. Man dürfe sich nicht nur auf Importe verlassen. Der Maschinenbauverband VDMA sprach von guten Ansätzen in Habecks Plänen. Langfristig geltende Rahmenbedingungen seien entscheidend für Unternehmen.
Die EU-Kommission hatte zuletzt in Brüssel ihre Gegenmaßnahmen auf die US-Subventionen vorgestellt. Sie will die Regeln für Staatshilfen zeitlich befristet lockern, ungenutzte Mittel aus dem Corona-Hilfstopf anders einsetzen, Öko-Projekte schneller genehmigen und Handelsabkommen zur Sicherung knapper Rohstoffe forcieren. Im Fokus sind vor allem Hersteller von Windturbinen, Solarzellen, Batterien, E-Autos und aus der Wasserstoff-Branche.
Das Wirtschaftsministerium will im ersten Halbjahr ein Konzept für einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis vorlegen. Für Investitionsrisiken sollen Absicherungsinstrumente geschaffen werden. Ein Vorschlag dazu soll zusammen mit der KfW erarbeitet werden. Ab März ist ferner eine Machbarkeitsstudie zur Wiederansiedlung der Solarbranche in Deutschland geplant. Außerdem lässt Habeck prüfen, ob Deutschland ein von Spanien initiiertes Förderprojekt auf EU-Ebene unterstützt, das der europäischen Solarbranche einen Schub geben soll.
Stefan Schönberger, Klima- und Energie-Experte bei der Unternehmensberatung BCG, sagte Reuters, die Strom- und Gaspreise in Europa dürften auch langfristig mindestens doppelt so hoch sein wie in den USA. Neue Investitionen könnten deswegen verstärkt jenseits des Atlantiks getätigt werden. “Bei grünen Energieträgern wie grünem Strom oder Wasserstoff haben die USA und China – Europas Hauptwettbewerber – aber keinen strukturellen Kostenvorteil.” Deswegen sei der Umbau der hiesigen Wirtschaft alternativlos und eröffne viele Chancen. Die USA machten jetzt aber viel mehr Tempo und steckten “absurde Summen” in Steuervergünstigungen. “Die USA gehen dabei sehr investorenfreundlich vor.”
(Bericht von Christian Krämer.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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