- von Jan Schwartz und Victoria Waldersee
– von Jan Schwartz und Victoria Waldersee
Hamburg (Reuters) – Bei Ford sollen auf dem Weg zur Elektromobilität in den kommenden Jahren fast 4000 Mitarbeiter in Europa ihre Jobs verlieren.
Davon entfällt mit 2300 Arbeitsplätzen mehr als die Hälfte auf die Europazentrale in Köln und das Forschungszentrum in Aachen, wie Ford am Dienstag bei einer Telefonkonferenz erläuterte. Ford richte sich damit auf ein “kleineres, fokussierteres und zunehmend elektrisches Produktportfolio aus”, erklärte Deutschland-Chef Martin Sander. Ford beschäftigt hierzulande insgesamt 19.000 Mitarbeiter, europaweit sind es rund 34.000.
Der US-Autobauer ist seit fast 100 Jahren in Deutschland präsent. Im August 1925 wurde die Ford Motor Company erstmals ins deutsche Handelsregister eingetragen. Das Kölner Fahrzeugwerk nahm im Juni 1931 die Arbeit auf und setzte stark auf deutsche Ingenieurskunst. 1970 folgte das Werk in Saarlouis, in dem aktuell noch das Kompaktmodell Focus montiert wird. Es soll 2025 eingestellt werden. Von den derzeit 4500 Arbeitsplätzen sollen nach Angaben des Betriebsrats dann nur etwa 500 bis 700 bei Ford erhalten bleiben.
Das Werk in Köln hat schon einen massiven Personalabbau hinter sich. Zuletzt arbeiteten in der Domstadt noch 14.000 Menschen, vor drei Jahren waren es noch gut 18.000.
Anders als der US-Rivale General Motors, der seine damals tief in den roten Zahlen steckende Tochter Opel 2017 an die spätere Stellantis-Tochter PSA verkaufte, zieht sich Ford nicht aus Deutschland zurück. Deutschland-Chef Sander, der auch die Elektrosparte leitet, erklärte, die Marke müsse sich in Europa neu erfinden. Angesichts der hohen Material- und Energiepreise und der zunehmenden Konkurrenz aus China sei eine Neuausrichtung nötig.
Etwa 3400 Ingenieure will Ford in Europa behalten. Sie sollen die in den USA entwickelte Technologie an europäische Kunden anpassen. Die IG Metall stimmte den Kürzungen im Gegenzug für Abfindungen und dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2032 zu. “Nach zwei harten Verhandlungswochen zwischen den Betriebsparteien ist eine Zukunftsvereinbarung gelungen, die sowohl Kosteneinsparungen für das Unternehmen beinhaltet als auch die Absicherung der deutschen Standorte für die Beschäftigten”, erklärte die Gewerkschaft. “Wir sind zutiefst erleichtert und gratulieren dem Betriebsrat zu dieser gelungenen Vereinbarung”, hieß es in einer Mitteilung.
In Deutschland will sich der Autobauer bis 2025 von 1700 Entwicklern trennen, dazu kommen 600 Mitarbeiter in administrativen Bereichen, der Marketingabteilung und im Vertrieb. Einschließlich des Abbaus von 1300 Stellen in Großbritannien und weiteren rund 200 in anderen europäischen Ländern sind 3800 Stellen betroffen. Der Ankündigung waren wochenlange Verhandlungen mit der Gewerkschaft vorausgegangen.
Der US-Konzern hatte im vergangenen Jahr seine Gewinnziele verfehlt und will sich einer Radikalkur unterziehen. Finanzchef John Lawler hatte bei der Bilanzpräsentation “sehr aggressive” Maßnahmen angekündigt, um die Kosten in Produktion und in der Lieferkette zu senken. In Europa weitete sich der Vorsteuerverlust – bei unverändertem Umsatz – im vierten Quartal auf 400 Millionen Dollar aus, das war doppelt soviel wie im Vorjahr. Experten sehen den Personalabbau in den Bereichen Forschung und Entwicklung auch als Folge der Kooperation mit dem Volkswagen-Konzern, von dem Ford die Lizenz zum Bau eines Elektroautos auf Basis des Elektrobaukastens MEB hat. Dadurch spart Ford Entwicklungskosten.
(Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
Reuters, die Nachrichten- und Medienabteilung von Thomson Reuters, ist der weltweit größte internationale Multimedia-Nachrichtenanbieter, welche täglich mehr als eine Milliarde Menschen erreicht. Reuters bietet zuverlässige Geschäfts-, Finanz-, nationale und internationale Nachrichten über Thomson Reuters-Desktops, der weltweiten Medienorganisationen, sowie direkt an Verbraucher auf Reuters.com und über Reuters TV.