Frankfurt (Reuters) - Vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) sind an Europas Börsen die Sorgen rund um die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) wieder hochgekocht.
Frankfurt (Reuters) – Vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) sind an Europas Börsen die Sorgen rund um die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) wieder hochgekocht.
Nach der Erholungsrally am Dienstag beschleunigte sich die Talfahrt am Mittwochmittag erneut. Der Dax gab in der Spitze um 3,5 Prozent auf 14.702,91 Punkte nach. Sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, büßte bis zu 3,9 Prozent auf 4018 Zähler ein. “Die Themen sind noch nicht ausgestanden”, sagte ein Händler mit Blick auf die Furcht vor den Folgen der SVB-Pleite.
Erneut flogen vor allem Finanztitel aus den Depots. Die Aktien der Commerzbank rauschten in der Spitze mehr als neun Prozent nach unten. Auch die Deutsche Bank gehörte mit einem Minus von rund acht Prozent zu den Schlusslichtern im Dax. Der europäische Bankenindex büßte mehr als sechs Prozent ein.
Die Papiere der krisengeplagten Credit Suisse brachen um fast 24 Prozent auf ein Rekordtief von knapp 1,707 Franken ein. Anleger nahmen Reißaus, nachdem der saudische Großaktionär Saudi National Bank mitgeteilt hatte, der Schweizer Großbank kein weiteres Geld zur Verfügung stellen zu können, weil aufsichtsrechtliche Gründe den Anteil auf zehn Prozent beschränkten. Zugleich zeigte sich der Großaktionär überzeugt, dass die Credit Suisse kein zusätzliches Geld brauche.
ZINSSORGEN ZURÜCK
Der rasche Anstieg der Zinssätze hat es für einige Unternehmen schwieriger gemacht, die von den Banken aufgenommenen Kredite zurückzuzahlen oder zu bedienen, was die Gefahr von Verlusten für die Kreditgeber erhöht, die sich zugleich Sorgen über eine Rezession machen. Zudem haben die Anleihenbestände in den Bilanzen wegen der kräftigen Zinserhöhungen der Zentralbanken an Wert verloren, so dass die Instituten Verluste machen, wenn sie die Papiere vor der Endfälligkeit verkaufen. Nach dem Zusammenbruch der SVB und einer weiteren US-Bank in der vergangenen Woche bemühten sich Regulierungsbehörden und Finanzmanager weltweit, Ansteckungsängste zu zerstreuen. Vor allem die Sorge um kleinere Institute hielt sich aber beständig.
Zugleich setzten Zinssorgen die Aktienmärkte erneut unter Druck. Die Währungshüter der EZB tendieren einem Insider zufolge trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor wahrscheinlich dazu, am Donnerstag am geplanten großen Zinsschritt von einem halben Prozentpunkt festzuhalten. Denn die EZB erwarte, dass die Inflation auch in den kommenden Jahren zu hoch bleiben werde, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters.
Angesichts der Schockwellen nach der SVB-Pleite waren zunächst Zweifel an der Entschlossenheit der EZB zu einer weiteren großen Zinserhöhung aufgekommen. “Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die EZB von den US-Bankenpleiten vom Weg abbringen lässt”, sagte auch Thomas Altmann, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter QC Partners.
E.ON PUNKTET MIT AUSBLICK – MODEHÄNDLER ENTTÄUSCHEN
Bei den Einzelwerten verteidigte zwischenzeitlich allein E.ON im Dax anfängliche Gewinne. Der gute Ausblick hinterlasse einen starken Eindruck und stütze die Aktie, sagte ein Händler. Negative Impulse gingen dagegen von den Modekonzernen H&M und Inditex aus. Die Titel von H&M brachen in Stockholm nach Vorlage von Quartalszahlen rund acht Prozent ein. Die Analysten der Credit Suisse nannten ein Umsatzplus von ein Prozent in lokaler Währung im Vergleich zu 2019 als “etwas enttäuschend angesichts des starken Branchenumsatzes in diesem Zeitraum und der schwachen Vergleichszahlen”. Die Aktien der Zara-Mutter Inditex rutschten in Madrid mehr als fünf Prozent ab.
Rund zehn Prozent nach unten ging es in London für Prudential. Der auf Asien fokussierte Versicherer konnte zwar den Betriebsgewinn steigern. Der Finanzchef von Prudential, James Turner, teilte unterdessen mit, dass der Konzern ein Engagement von einer Million Dollar bei der Silicon Valley Bank habe, was bei einem Gesamtschuldenbestand von 23 Milliarden Dollar “minimal” sei.
(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)
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