Frankfurt (Reuters) - Die Deutsche Bank will ihr Geschäft mit der Kohlebranche einschränken, setzt sich jedoch zunächst keine neuen Grenzen für die Finanzierung von Öl und Gas.
Frankfurt (Reuters) – Die Deutsche Bank will ihr Geschäft mit der Kohlebranche einschränken, setzt sich jedoch zunächst keine neuen Grenzen für die Finanzierung von Öl und Gas.
Das größte deutsche Geldhaus teilte am Donnerstag mit, es wolle kein Geschäft mehr mit Neukunden eingehen, bei denen der Kohleanteil am Umsatz 30 Prozent übersteigt und die keinen glaubwürdigen Diversifizierungsplan vorlegen. Bisher lag diese Schwelle bei 50 Prozent. “Wir sind davon überzeugt, dass es nur die Ultima Ratio sein sollte, sich nach einem Transformationsdialog von einem Kunden zu trennen,” erklärte Bankchef Christian Sewing am Nachhaltigkeitstag der Deutschen Bank. “Aber wir schrecken auch nicht davor zurück, eine Kundenbeziehung zu beenden, wenn wir keine Bereitschaft zu einer glaubwürdigen Transformation erkennen können.”
Die bestehenden Kunden müssen laut der Bank einen Plan einreichen, der die Reduzierung des Kohleanteils bis 2025 darlegt. Nach Ansicht der Zivilorganisation “Reclaim Finance” dürfe die Deutsche Bank keine Schonfrist mehr für bestehende Kunden geben. “Die Bank ist so immer noch in der Lage, Mittreiber des Klimanotstandes wie Adani oder Glencore zu unterstützen.” Die Campaignerin Kate Cahoon von der Klimaschutzorganisation 350.org wies darauf hin, dass die Kohleindustrie ohnehin abstrebe. “Es ist also keine Überraschung, dass Banken sich von dem Bereich distanzieren”, sagte sie. “Wir wollen stärkeres Engagement im Bereich der Öl- und besonders in der Gasindustrie sehen.” Die Deutsche Bank legte zunächst keine Pläne für die Verschärfung der Finanzierung in der Öl- und Gasindustrie vor. Diese sei zwar geplant, doch einen konkreten Zeitraum gebe es noch nicht.
Nicht nur Umwelt-Organisationen glauben, dass die Deutsche Bank nicht genug für den Klimaschutz tut: Im Februar wandte sich eine Gruppe von Investoren an das Geldhaus, die insgesamt 1,5 Billionen Dollar verwalten. In einem Brief forderten sie das Frankfurter Kreditinstitut auf, die direkte Finanzierung von neuen Öl- und Gasfeldern in diesem Jahr einzustellen. Zuvor setzten die Vermögensverwalter Amundi und Nordea Asset Management die Bank wegen ihrer Kohle-Richtlinien unter Druck.
Die Finanzierung des Öl- und Gassektors ging nach Angaben der Bank im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent zurück. Der Rückgang sei in erster Linie auf den Marktaustritt aus Russland und den Finanzierungsstopp für russisches Gas zurückzuführen, sowie aufgrund der internationalen EVIC-Bemessungsmethode. Diese ist ein rein technischer Effekt, bei dem die Bank bei steigender Bewertung einzelner Unternehmenskunden geringere Emissionsanteile verantworten muss.
Die neue Richtlinie der Deutschen Bank kommt aus Sicht der Campaignerin Regine Richter von der Klimaschutzorganisation “Urgewald” zu spät und greife zu kurz. Die absoluten Schwellenwerte für Kohlebergbau und Stromerzeugung seien zwar positiv, doch die schwache Öl- und Gasrichtlinie sei enttäuschend. Im vergangenen Jahr reduzierte das Institut die Emissionen im Öl- und Gasbereich um 28,9 Prozent. “Das nützt alles wenig, wenn die Deutsche Bank gleichzeitig Kredite oder Underwriting für Unternehmen wie Total, Equinor oder Exxon macht, die massiv neue Öl- und Gasfelder erschließen wollen und uns damit über das 1,5 Grad-Limit hinaus katapultieren,” sagt Richter.
(Bericht von Marta Orosz, Tom Sims und Virginia Furness. Redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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