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Beruhigung für Märkte – Britischer Finanzminister vollzieht Kehrwende

Von:
Reuters
Veröffentlicht: Oct 17, 2022, 13:08 GMT+00:00

- von William Schomberg und Kylie MacLellan und William James

ARCHIV: Der britische Schatzkanzler Jeremy Hunt während eines Interviews mit Fernsehkorrespondent Robert Peston vor dem BBC-Hauptquartier in London, Großbritannien

– von William Schomberg und Kylie MacLellan und William James

London (Reuters) – Die britische Regierung kassiert ihre umstrittenen Steuerpläne wieder ein.

Außerdem sollen die Ausgaben deutlich geringer ausfallen als zunächst geplant. Der erst seit Freitag amtierende Finanzminister Jeremy Hunt verkündete die Kehrtwende am Montag in London, um die Finanzmärkte zu beruhigen. “Wir werden nahezu alle Steuermaßnahmen wieder ändern, die wir im Wachstumsplan vor drei Wochen angekündigt hatten.” Das Land müsse jetzt die Steuern anheben und die Ausgaben begrenzen, um Vertrauen wieder aufzubauen und für Stabilität zu sorgen. Es gehe trotzdem weiter darum, für mehr Wirtschaftswachstum zu sorgen. Das brauche aber auch eine gewisse Stabilität.

Truss war für das Versprechen eines stärkeren Wachstums und Steuersenkungen ins Amt gewählt worden. Sie ist Nachfolgerin von Boris Johnson, der nach einer Reihe von Skandalen gehen musste. Rund sechs Wochen im Amt kämpft Truss aber bereits um ihr politisches Überleben. Der frühere Gesundheits- und Außenminister Hunt ist jetzt der neue starke Mann in der Regierung.

Truss hatte am Freitag den bisherigen Finanzminister Kwasi Kwarteng gefeuert. Er gilt als Bauernopfer, um Truss zu retten. Kwarteng hatte die milliardenschweren Steuersenkungen und hohe Ausgaben zur Dämpfung der Energiepreise zusammen mit Truss ausgearbeitet, die an den Märkten ein verheerendes Echo fanden. Die Notenbank sah sich gezwungen, mit Anleihekäufen zu intervenieren und so Anleger zu beruhigen.

Ursprünglich war für zwei Jahre vorgesehen, Haushalte und Unternehmen bei den sprunghaft gestiegenen Energiekosten im Zuge des Krieges in der Ukraine zu entlasten. Dafür wurden Kosten von mehr als 100 Milliarden Pfund (116 Milliarden Euro) erwartet. Das Programm soll nun im April enden und dann ersetzt werden durch zielgenauere Maßnahmen für die schwächsten Haushalte. Das werde die Steuerzahler signifikant weniger kosten. Der Grundsteuersatz von 20 Prozent bleibe zudem bestehen. Hunt bezifferte die Einsparungen durch den Kurswechsel bei den Steuerplänen auf 32 Milliarden Pfund im Jahr. Laut “Sunday Times” beläuft sich das Haushaltsloch auf bis zu 72 Milliarden Pfund, also umgerechnet gut 83 Milliarden Euro.

Die Ankündigungen sorgten an den Märkten für Entspannung. Das Pfund zog um bis zu 1,4 Prozent auf 1,1332 Dollar an. Auch britische Staatsanleihen waren stark gefragt. Ende Oktober will Hunt mehr Details zur mittelfristigen Finanzplanung vorstellen. Noch am Montag wollte er dem Parlament Einzelheiten erläutern.

VORAB-ABSPRACHE MIT NOTENBANK

Hunt hatte sich seinem Ministerium zufolge am Sonntagabend unter anderem mit dem Chef der britischen Notenbank, Andrew Bailey, getroffen, um seine Pläne vorab vorzustellen. Kwarteng war vorgeworfen worden, die Zinserhöhungen der Notenbank im Kampf gegen die hohe Inflation mit seiner lockeren Finanzpolitik zu unterwandern.

Der langjährige konservative Abgeordnete Roger Gale sagte der BBC, de facto sei Hunt jetzt Premierminister. Laut “Daily Mail” muss sich Truss möglicherweise noch in dieser Woche einem Misstrauensvotum stellen. Mehr als 100 Abgeordnete der regierenden konservativen Partei seien bereit, sie zu stürzen.

(Geschrieben von Christian Krämer, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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