Peking/Berlin (Reuters) - Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat China vor einem militärischen Konflikt mit Taiwan gewarnt.
– von Andreas Rinke und Liz Lee
Peking/Berlin (Reuters) – Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch in Peking China vor einem militärischen Konflikt mit Taiwan gewarnt.
Dies wäre ein “Horrorszenario”, sagte Baerbock am Freitag nach einem Treffen mit ihrem chinesischen Kollegen Qin Gang. “Eine Destabilisierung hätte Folgen für alle Länder, die Weltwirtschaft und auch für Deutschland.” Zudem forderte die Grünen-Politikerin China auf, seinen Einfluss auf Russland zu nutzen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Auch pochte sie auf die Einhaltung der Menschenrechte und verwies dabei auch auf die Provinz Xinjiang, wo China eine Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren vorgeworfen wird. Zudem forderte sie gleiche Wettbewerbsbedingungen für deutsche Firmen. Qin Gang unterstrich die Bedeutung der Beziehungen zu Deutschland, fügte aber hinzu: “Was China am wenigsten braucht, sind Lehrmeister aus dem Westen.”
Baerbocks Besuch war nach der China-Reise von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vergangene Woche mit Spannung erwartet worden. Macron hatte ebenfalls China aufgefordert, Russland zu einem Ende des Kriegs gegen die Ukraine zu bewegen. Er hatte jedoch auch die EU ermuntert, ihre Abhängigkeit von den USA zu verringern und davor gewarnt, in eine Krise um Taiwan hineingezogen zu werden. Für die Aussagen sowie seine Reise in Begleitung einer großen Wirtschaftsdelegation wurde er in den USA und Europa kritisiert.
Baerbock und Qin erklärten zwar den Wunsch zur Zusammenarbeit, aber auch die Differenzen. So äußerte sich Baerbock enttäuscht, dass Chinas Führung bisher nicht Russland als einzigen Aggressor im Ukraine-Krieg genannt habe. Peking müsse mehr Druck auf Moskau ausüben, um den Krieg zu beenden. Chinas Außenministerium veröffentlichte im Laufe des Freitags auf seiner Website eine Erklärung von Qin, wonach die beiden Staaten Kooperation und nicht Konfrontation benötigten. So lange es auf beiden Seiten Offenheit bestehe, müsse es keine Sorgen über eine sogenannte Abhängigkeit geben.
Eine Wiedervereinigung Chinas mit Taiwan mit Gewalt sei für Europa nicht akzeptabel, sagte Baerbock, die zugleich die Ein-China-Politik Deutschlands betonte. Ein Krieg würde “Schockwellen” senden und eine Weltwirtschaftskrise auch China und Deutschland treffen, sagte sie mit Hinweis auch auf die wirtschaftliche Bedeutung Taiwans etwa für die Chip-Industrie. Anders als Macron verwies sie darauf, dass der Konflikt in Ostasien auch die Europäer trotz der großen geografischen Entfernung angehe.
Qin warf dagegen nicht weiter genannten ausländischen Regierungen vor, Separatisten in Taiwan zu unterstützen, das Teil Chinas sei. Die Spannungen in den vergangenen Jahren seien dadurch entstanden. Die Regierung in Peking dulde keine Einmischung in innere Angelegenheiten. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und hat eine gewaltsame Vereinigung nicht ausgeschlossen. Hintergrund ist dabei nicht nur der Taiwan-Konflikt, sondern auch das umstrittene Vorgehen der Volksrepublik im Südchinesischen Meer, mit dem die Führung in Peking umstrittene Gebietsansprüche massiv forciert.
Baerbock pochte zudem auf die Universalität der Menschenrechte und kritisierte Chinas Umgang mit der Minderheit der Uiguren in Xinjiang. Deutschland und die EU würden Unternehmen zur Einhaltung der Menschrechtsstandards verpflichten, was nicht nur für China, sondern weltweit gelte. Qin erklärte, dass China bei den Menschenrechten seinen eigenen Weg gehe. Er lud Baerbock ein, nach Xinjiang zu reisen.
Baerbock hatte sich zu Beginn ihrer China-Reise in der Hafenstadt Tianjin Projekte zum Ausbau Erneuerbarer Energien besucht. Die Außenministerin betonte, dass es zwar keine Entkoppelung von China geben solle, aber sehr wohl einen Abbau der Risiken. “Fehler sollte man bekanntlich nicht zweimal machen”, sagte sie mit Hinweis darauf, dass Deutschland bei Gaslieferungen zu stark von Russland abhängig gewesen sei. Deshalb sei wirtschaftliche Sicherheit eine der Kernfragen der China-Strategie, die die Bundesregierung derzeit erarbeite. Hintergrund ist die hohe Abhängigkeit deutscher Unternehmen etwa von einigen Rohstofflieferungen aus China.
(Bearbeitet von Scot W. Stevenson; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)
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