Obwohl im Januar in der Eurozone eine Rekordinflation von 5,1 Prozent gemessen wurde, steuert die Europäische Zentralbank (EZB) nicht gegen. Das ist die höchste jemals in der Eurozone gemessene Inflation. Sowohl die umstrittenen Anleihenkäufe der EZB gehen weiter, als auch der Leitzins bleibt bei Null. Weiterhin wird mehr billiges Geld zum Nulltarif in die Märkte gepumpt. Eskaliert jetzt die Geldentwertung?
Obwohl im Januar in der Eurozone eine Rekordinflation von 5,1 Prozent gemessen wurde, steuert die Europäische Zentralbank (EZB) nicht gegen: Sowohl die umstrittenen Anleihenkäufe der EZB gehen weiter, als auch der Leitzins bleibt bei Null. Weiterhin wird mehr billiges Geld zum Nulltarif in die Märkte gepumpt. Eskaliert jetzt die Geldentwertung?
Vom Ketchup-Flaschen-Effekt sprechen Ökonomen, wenn die Inflation auf einmal überraschend eskaliert, Geld von heute morgen wie aktuell in der Türkei praktisch wertlos wird. Dort herrscht aktuell eine Inflation von knapp 50 Prozent vor und es ist kein Ende in Sicht. Wie bei einer Ketchup-Flasche, die man umdreht und bei der man lange auf den Boden haut, kommt trotz langer Zeit der Politik des billigen Geldes erst einmal kaum Inflation heraus. Doch dann kommt auf einmal alles auf einmal und der ganze Tisch ist versaut.
Doch ist das Ketchup-Flaschen-Szenario jetzt für den Euro realistisch? Dass das möglich sein könnte, äußern mittlerweile immer mehr namenhafte Experten. Der FDP-Finanzexperte und Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler warnte bereits Mitte letzten Jahres davor. Der Bankenkongress in Frankfurt behandelte in etwa zur gleichen Zeit schon das gleiche Thema. Vor einem „Kontrollverlust der Notenbanken“ und einer „Ketchup-Inflation“ warnte schon 2015 der Unternehmensberater und WirtschaftsWoche Kolumnist Daniel Stelter. Auch der Ökonom Dr. Markus Krall wart bei Degussa Goldhandel vor dem Ketchup–Flaschen-Effekt.
Inflation ist die Entwertung des Geldes gemessen an einem repräsentativen Warenkorb von Gütern und Dienstleistungen. Sie wird von der zuständigen Statistikbehörde eines jeweiligen Landes gemessen. Angetrieben werden kann diese Geldentwertung, wenn die Güterversorgung sinkt oder das Geldangebot steigt. Eine steigende Geldmenge alleine, wie einst durch die Quantitätstheorie des Geldes angenommen, führt jedoch nicht automatisch zu steigender Inflation.
Allein die Quantität des Geldes des sich in Umlauf befindlichen Geld ist nicht ausschlaggebend für die Inflation. Zwar wurde die Zentralbankgeldmenge in der Eurozone seit der Euroeinführung von rund 0,5 Billionen auf 6 Billionen Euro durch die EZB verzwölfacht und seit der Finanzkrise 2008 von 0,88 Billionen Euro bis Ende 2021 rund versiebenfacht. Doch deswegen kommt es nicht automatisch zur Geldentwertung. Das zeigte der bekannte Ökonom Prof. Dr. Hans-Werner Sinn erst letztlich eindrucksvoll in seiner legendären Weihnachtsvorlesung.
Solange das Güterangebot etwa durch die Zunahme des Welthandels und vermehrter Produktivität steigt, kann eine bessere Güterversorgung, die Geldentwertung auch bei Geldmengenausweitung abfedern. Auch ist viel Geld in die Investitionsgüterpreise und nicht in die Konsumgüterpreise geflossen oder wurde schlicht auf Bankkonten gehortet.
So war zwar mehr Geld da oder im Umlauf, aber es wurde nicht mehr Geld für Konsumgüter angeboten bzw. ausgegeben. Beim Ketchup-Flaschen-Effekt verlieren die Menschen durch die irgendwann doch immer stärker ansteigende Inflation das Vertrauen in das Geld. Sie fangen an, zu realisieren, dass sich ihre Geld immer stärker entwertet, räumen ihre Bankkonten lehr, investieren in Immobilien oder Aktien oder geben ihr Geld verkehrt für Konsum aus.
So steigen die Preise immer schneller und der Vertrauensverlust in das Geld nimmt zu. Wie der Inhalt einer umgedrehten offenen Ketchup-Flasche gerät die Inflation mit einem Mal außer Kontrolle. Da auf Grund der Corona-Politik und des Konflikts mit Russland auch die Lieferketten, die Produktion und der Welthandel eingeschränkt werden, ist auch nicht damit zu rechnen, dass das Güterangebot steigt, um die Inflation abzufedern.
Zudem steuert die Zentralbank nicht gegen und nimmt kein Geld aus dem Markt. Weder erhöht sie die Zinsen, sodass Anreize gesetzt werden, die durch sie vergebenen Kredite zurückzuzahlen und so Geld an die Zentralbank zurückzuführen. Noch hört sie damit auf, Staatsanleihen aufzukaufen und darüber mehr Geld in Umlauf zu bringen.
In der aktuellen Inflation ist durchaus ein Ketchup-Flascheneffekt wahrscheinlich. Die Menschen verlieren immer mehr das Vertrauen in das Geld. Die Inflationsrate steigt immer weiter. Die Zentralbank nimmt kein Geld aus dem Markt, sondern steigert die Geldmenge im Gegenteil. Hemmnisse von Produktion und Welthandel durch Corona-Politik und Russland-Konflikt lassen die Güterversorgung, z. B. mit Energie, schlechter werden. Eigentlich ist das die perfekte Mischung für eine ganze Ketchup-Flasche voller Inflation.
Ralph hat seinen Abschluss an der Universität Passau in Betriebswirtschaft und Wirtschaftswissenschaften mit Masterarbeit in Wirtschaftsinformatik gemacht. Während seines Studiums entwickelte sich seine Leidenschaft für Geldtheorie und Kryptowährungen.