Die Gazprom-Aktie war einen Monat vom Handel ausgesetzt. Jetzt ist der Handel an der Börse Moskau wieder möglich. Lohnt jetzt der Einestieg?
Die PAO Gazprom (PAO = Publitschnoje Akzionernoje Obschtschestwo = russische Bezeichnung für eine öffentliche Aktiengesellschaft) ist derzeit wegen des Ukraine-Kriegs hochumstritten. Der Handel für die Aktien war seitens der russischen Behörden fast ein Monat unterbrochen worden. Erst seit dem 25. März gibt es hier wieder Kurse. Die allerdings nur in Moskau und in Rubel.
Viele Anleger in Deutschland haben die Gazprom-Aktie in Form der ADR (American Depository Receipts) in ihrem Depot liegen. Nicht zuletzt auch wegen der attraktiven Dividendenrendite von ca. 4,5 Prozent. Doch der Handel ist an den deutschen Börsen noch immer nicht wieder aufgenommen worden. Der letzte Kurs ist hier der 28. Februar. Selbst Tradegate oder Lang & Schwarz haben seitdem keine Kurse mehr gestellt.
Gazprom ist derzeit wohl eines der umstrittensten Unternehmen der Welt. Das weltweit größte Erdgasförderunternehmen befindet sich zu etwa 50 Prozent in russischem Staatsbesitz. Entsprechend dazu dient es wohl direkt oder indirekt dazu den Krieg in der Ukraine zu finanzieren.
Das kann man klar verurteilen und sich davon distanzieren. Auf der anderen Seite haben Ethik und Moral an der Börse allerdings noch nie eine große Rolle gespielt. Es wird seit jeher auf alles spekuliert, was langfristige Rendite und eine möglichst hohe Dividende verspricht. Auf Nahrungsmittel in Form von Weizen, Schweinebäuchen oder Orangensaft. Und das, während Kinder in bitterarmen Entwicklungsländern verhungern …
Und auch der Rüstungssektor profitiert von jeder Panzerabwehrrakete, die in die Ukraine geliefert wird. Deutsche Rüstungsaktien wie Rheinmetall oder Hensoldt haben ihren Aktienkurs seit Kriegsbeginn mehr als verdoppeln können. Vor diesem Hintergrund ist zumindest die Seite der Moral auch immer eng verwoben mit Heuchelei.
Rein aus der Sicht der Charttechnik sieht die Gazprom-Aktie im großen Bild auf Wochenebene (Kurse in Rubel an der Börse Moskau) sehr interessant aus. Nach dem großen Crash ab Oktober 2021, im Rahmen dessen die Aktie 68 Prozent verloren hat, setzte am langfristigen Aufwärtstrend eine starke Pullbackbewegung ein.
Ab dem Crash-Tief Ende Februar ging es bisher schon wieder zeitweise um über 120 Prozent nach oben. Ähnlich wie nach dem großen Crash im Zuge der Finanzkrise 2007/08 zeigt die Gazprom-Aktie auch jetzt einen starken Konter.
Vor diesem Hintergrund ist eine neue positive Trendbewegung recht wahrscheinlich. Denn trotz aller Kritik an Gazprom, gilt das Unternehmen als zuverlässig. Und das sowohl in Sachen Gaslieferungen als auch in Sachen Dividendenzahlungen.
Jeder Anleger muss natürlich für sich selbst entscheiden, ob es ethisch und moralisch vertretbar ist, Gazprom-Aktien zu besitzen oder gar neu zu erwerben (wenn es denn wieder regulär möglich sein sollte).
Robert Schröder beschäftigt sich seit 2004 professionell mit den Aktien- und Finanzmärkten. Neben der klassischen Charttechnik, die er aus dem Effeff beherrscht, hat er sich auf die Elliott-Wellen spezialisiert.